Enttäuscht von Moskau
Armenien erkennt jetzt Haftbefehl für Putin an
Aserbaidschan ist in die Region Bergakarabach einmarschiert, die russischen Friedenstruppen ließen die aserbaidschanischen Soldaten gewähren, die armenische Bevölkerung ist geflohen. Enttäuscht von Russland - noch die offizielle Schutzmacht - erkennt Armenien jetzt die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) und damit auch den Haftbefehl für Russlands Präsident Wladimir Putin an. Moskau protestiert und droht.
Am Dienstag hat das armenische Parlament in der Hauptstadt Jerewan das Gründungsstatut des IStGH ratifiziert. Das Land unterstellt sich damit der Gerichtsbarkeit des Haager Gerichts. „Nachdem Russland in Bergkarabach gegen die Militäraktion Aserbaidschans nichts unternommen hatte, waren bisherige Rücksichtnahmen auf Russland irrelevant geworden“, erklärte Russland-Experte Gerhard Mangott auf der Plattform X.
Der Plan war zuvor von Russland heftig abgelehnt worden. Der IStGH hatte im März einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen.
Vorwurf der illegalen Deportation
Putin wird die illegale Deportation von Hunderten Kindern aus der Ukraine vorgeworfen. Das Gericht erließ auch einen Haftbefehl gegen Maria Lwowa-Belowa, die russische Beauftragte für Kinderrechte. Auch ihr werden Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit der Deportation ukrainischer Kinder zur Last gelegt. Die Vorwürfe werden vom Kreml als unbegründet zurückgewiesen.
Die Ratifizierung des IStGH-Statuts bedeutet, dass Armenien in Zukunft verpflichtet wäre, Putin zu verhaften, wenn er das Land betritt. Armenien teilte mit, es habe seine Pläne zuvor mit Russland erörtert. Moskau hatte vor „ernsthaften Konsequenzen“ gewarnt, sollte sich Jerewan der Gerichtsbarkeit des IStGH unterstellen.
Bittere Vorwürfe an Moskau
Die Beziehungen zwischen Jerewan und Moskau sind wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, vor allem aber wegen Aserbaidschans jüngster Rückeroberung der bisher fast ausschließlich von Armeniern bewohnten Region Bergkarabach angespannt. In den vergangenen Wochen ist fast die gesamte armenische Bevölkerung aus dem zu Aserbaidschan gehörenden Gebiet nach Armenien geflohen. Russland, das Friedenstruppen in der Region stationiert hatte, hatte die Aserbaidschaner bei ihrer Militäroffensive Mitte September gewähren lassen. Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan machte Moskau deshalb bittere Vorwürfe.
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