Die nächste Hiobsbotschaft für die Medienbranche und die immer noch vielen Zeitungsleser im Land: Das 1869 gegründete „Volksblatt“, Parteiorgan der Landes-ÖVP mit bürgerlichem journalistischem Anspruch, stellt mit Jahresende die Printausgabe ein. Digital geht‘s - allerdings offenbar mit einem stark reduzierten Team - aber weiter.
Die operative „Volksblatt“-Führung versucht die Einstellung der Printausgabe mit aktuell Auflage 20.000 als „Chance zur Weiterentwicklung“ zu deklarieren: „Die Tradition, die uns über 150 Jahre begleitet hat, wird durch unsere digitale Transformation nicht verloren gehen, sondern in geänderter und moderner Form fortgesetzt. Unsere Verpflichtung gegenüber Oberösterreich und seinen Menschen bleibt unverändert stark“, so Wolfgang Eder, Geschäftsführer der OÖ. Media Data Vertriebs- und Verlags GmbH.
„Erhebliche Herausforderungen“
Es werden aber auch die „erheblichen Herausforderungen“ für die gedruckte Tageszeitung anhand des „Volksblattes“ beschrieben: „Ein verschärfter Wettbewerb, eine veränderte Leserschaft und natürlich gestiegene Kosten insbesondere bei Produktion und Vertrieb erfordern auch für das oberösterreichische Medienhaus eine strategische Neuausrichtung.“
Team wird offenbar kräftig verkleinert
45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat das Verlagshaus, 30 davon werden auf der Homepage als Redakteure und Redakteurinnen ausgewiesen. „Die Neuausrichtung erfordert eine Anpassung der redaktionellen Arbeit, inklusive einer Verkleinerung des Teams in allen Abteilungen. Mit den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird in Einzelgesprächen nach individuellen Lösungen gesucht“, so die Info über die weitere Vorgehensweise. 31 von derzeit 44 - je eine Person ist in Bildungskarenz bzw. Karenz - Mitarbeitenden seien beim AMS vorangemeldet, ein Sozialplan werde mit dem Betriebsrat verhandelt, hieß es schließlich aus dem Volksblatt gegenüber der APA.
„Bürgerliches Gedankengut“ im Fokus
„Und wie wird es weitergehen? “Ab Jänner 2024 wird keine gedruckte Tageszeitung mehr veröffentlicht, sondern der Fokus auf digitale Formate sowie ein fast monatlich erscheinendes Magazin gelegt. Auch in Zukunft werden die inhaltlichen Schwerpunkte auf politischen, wirtschaftlichen, sportlichen, kulturellen und sozialen Themen liegen. Der letzte Erscheinungstag der Print-Ausgabe der Tageszeitung wird der 30. Dezember 2023 sein." Seit seiner Gründung im Jahr 1869 hat sich das Oberösterreichische Volksblatt stets als regionale oberösterreichische Tageszeitung im Dienste des bürgerlichen Gedankenguts verstanden.
Erste Reaktion vom Zeitungsverband
Von einem „überaus bedauerlichen, jedoch bis zu einem gewissen Grad auch nachvollziehbaren Schritt“ sprach in einer Reaktion Gerald Grünberger als Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ): „Medien verlegerischer Herkunft sind aktuell mit überaus herausfordernden Marktbedingungen konfrontiert.“ Diese reichten von massiven Kostensteigerungen in allen Bereichen bis zu rückläufigen Anzeigenerlösen. Entsprechend sei die Medienpolitik gefordert, die erforderlichen Rahmenbedingungen zur Sicherung der heimischen Titel- und Medienvielfalt zu schaffen.
Gewerkschaft reagiert bestürzt
„Ein schwerer Schlag für die Betroffenen und für die Meinungsvielfalt“, kommentiert die Entwicklungen Eike-Clemens Kullmann, Bundesvorsitzender der JournalistInnengewerkschaft in der GPA. „Das ist die zweite Hiobsbotschaft in der Branche, nach Einstellung der Wiener Zeitung erst vor wenigen Monaten.“ „Wir sind aus allen Wolken gefallen“, sagt Michaela Ecklbauer, Vorsitzende des Betriebsrates des Volksblatts. Ohne jedes Vorzeichen sei die Ankündigung der Einstellung auf die Belegschaft hereingebrochen. „Der Betriebsrat ist nicht eingebunden worden“, kritisiert Ecklbauer.
Ein Kommentar aus der OÖVP-Zentrale
Wie sieht man all das in der OÖVP-Zentrale? „Das Oberösterreichische Volksblatt wird es weiter geben und wird so wie bisher auch in Zukunft kein Parteiorgan sein und redaktionell unabhängig berichten. Klar ist, dass sich das Medienkonsumverhalten der Menschen geändert hat und sich damit auch Medienhäuser anpassen müssen. Im Jahr 2023 ist Kommunikation sehr vielfältig und beschränkt sich schon lange nicht mehr nur auf gedruckte Formate. Mit der Änderung des Geschäftsmodells wird es gelingen, als Oberösterreichisches Volksblatt auch künftig einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Medienvielfalt in Österreich zu leisten“, so OÖVP-Landesgeschäftsführer Mag. Florian Hiegelsberger auf „Krone“-Anfrage.
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