Kein Verbrenner-Aus

Kanzler Stocker gehen EU-Pläne nicht weit genug

Innenpolitik
16.12.2025 22:05

Die Reaktionen in Österreich auf die Beibehaltung des Verbrennermotors in der EU auch über das Jahr 2035 hinaus sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Während Umweltschützer, die Grünen und die SPÖ heftige Kritik üben, gehen Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) die Pläne noch nicht weit genug.

„Wir müssen offen für technologische Neuerungen sein, anstatt uns selbst ideologische Verbote aufzuerlegen“, betonte der Regierungschef. „Die Vorschläge gehen in die richtige Richtung, reichen jedoch noch nicht weit genug“, sagte er in Richtung EU-Kommission, die auf Druck der Industrie und gewichtiger EU-Staaten reagiert hatte und das gänzliche Verbrenner-Aus nun lockern will. „So braucht es echte Technologieneutralität und einen konsequenten Übergang zu einem Lifecycle-Ansatz (Lebenszyklus-Ansatz von Produkten, Anm.).“

Mehr Flexibilität bedeute mehr Innovation. Dabei müssten „Wettbewerbsfähigkeit und Klimaziele Hand in Hand gehen“, diese Punkte widersprächen sich nicht. Sophia Kircher, Verkehrssprecherin der ÖVP im Europaparlament, hatte zuvor in der Lockerung ein nötiges „Reparieren“ eines ursprünglich falschen Vorhabens gesehen.

Künftige Regeln für den CO₂-Ausstoß

  • Nach dem Vorschlag der EU-Kommission sollen die CO₂-Flottenemissionen der Autobauer ab 2035 um 90 Prozent sinken, statt völlig zu entfallen.
  • Waren nach den ursprünglichen Regeln nur noch Elektroautos und Wasserstoffantriebe erlaubt, so dürfen nun auch nach 2035 noch Autos mit Verbrennerantrieb verkauft werden.
  • Die CO₂-Zwischenziele für 2030 bleiben unverändert, aber Autobauer erhalten bis 2034 Supercredits für kleine, günstige Elektroautos aus EU-Produktion (bis 4,2 m Länge). Zusätzlich gibt es erneut Übergangsfristen für die Einhaltung schärferer Vorgaben – das verschafft den Herstellern mehr Flexibilität.
  • Die CO₂-Reduktionsziele für leichte Nutzfahrzeuge werden abgeschwächt (−40% statt −50% ab 2030). Auch bei schweren Nutzfahrzeugen sollen die Ziele angepasst werden, Details folgen noch.
  • Mit einem „Battery Booster“ von 1,8 Mrd. Euro will die EU Batterieproduktion, Zellfertigung, Forschung und Rohstoffketten in Europa ausbauen. Ziel ist es, europäische Elektroautos wettbewerbsfähiger zu machen und die Abhängigkeit von Importen zu senken.

FPÖ sieht „Mogelpackung“
Eine „Mogelpackung“ der Europäischen Volkspartei (EVP) ortete der freiheitliche Europaparlamentarier Roman Haider. Insgesamt versuche die Kommission „weiterhin mit aller Macht, den Bau klassischer Verbrennungsmotoren und leistbaren konventionellen Fahrzeugen unmöglich zu machen“.

SPÖ: „Mit Vollgas in Richtung Klimacrash“
Kritisch gab sich auch der SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Andreas Schieder. Er sprach von einem „grundlegend falschen Schritt“ der Kommission die „mit rechten und konservativen Kräften auf dem Beifahrersitz mit Vollgas in Richtung Klimacrash“ rase. „Diese Geisterfahrt muss enden.“

Grüne: „Angriff auf die europäische Industrie“
Die Grüne EU-Politikerin Lena Schilling echauffierte sich: „Dieser Vorschlag der Kommission ist nicht nur ökologischer Unsinn, sondern ein Angriff auf die europäische Industrie.“

Künftig sollen durch Biokraftstoffe und E-Fuels Emissionen ausgeglichen werden. Bereits jetzt ...
Künftig sollen durch Biokraftstoffe und E-Fuels Emissionen ausgeglichen werden. Bereits jetzt wird Biokraftstoff Benzin beigemischt und als E10 verkauft.(Bild: AFP/FRED TANNEAU)

NEOS: „Automarkt der Zukunft wird anderen überlassen“
NEOS-Europaabgeordnete Anna Stürgkh sprach von einer „Kehrtwende, mit der Europa das Vertrauen in die europäische Politik untergräbt“. Der Wandel hin zu zukunftsfähigen Technologien werde nun wohl „noch länger verschlafen“ und der „Automarkt der Zukunft anderen überlassen“.

Nun EU-Parlament und Staaten am Zug
Nun müssen sich das Europaparlament und die EU-Staaten mit den Vorschlägen der Kommission beschäftigen. Sie bewerten die Reform und können Änderungen vornehmen. Beide Institutionen können das Vorhaben also noch abschwächen oder verschärfen. Dass keine Aufweichung erfolgt, gilt als unwahrscheinlich. Am Ende ist eine ausreichende Mehrheit in beiden Institutionen erforderlich.

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