Mühelos steigt Gregor Gysi die 240 Stufen hinauf zum Glockenturm der Franziskanerkirche. Das ist schon eine Notiz wert. Der 75-jährige Rechtsanwalt, ausgebildete Rinderzüchter und Star-Genosse der deutschen Linken hat immerhin vier Herzinfarkte hinter sich.
Den Besuch bei den Franziskanern in Salzburg war ein ausdrücklicher Wunsch des konfessionslosen Gysi: „Ich mag Klöster.“
Gregor Gysi erzählt, dass er auch schon in Kirchen von der Kanzel gesprochen hat: „Da bekommt man auf einmal so eine pastorale Stimme. Man muss allerdings aufpassen, dass man im politischen Alltag nicht in dem Ton hängen bleibt.“
Seine eigene Mission vergleicht Gysi ohnehin mit der eines Predigers. So wollte der wegen seiner Vergangenheit umstrittene, im Osten Berlins groß gewordene, Politiker gerade wegen seiner Erfahrungen in der DDR den Salzburger Kommunisten ausreden, dass sie den Parteinamen Kommunistische Partei beibehalten. „Die KPÖ hatte bei den Wahlen dennoch Erfolg. Das muss man sich einmal vorstellen in so einem konservativen Bundesland“, sagt Gysi mit Verwunderung und Bewunderung für KPÖ-Chef Kay-Michael Dankl.
Daheim in Berlin kämpft Gysi mit einer existenziellen Krise seiner Links-Partei. Um diesen Ärger will er sich erst nach seinen Urlaubstagen bei den Salzburger Festspielen wieder kümmern.
In Österreich beobachtet er unterdessen die Parallelen zwischen der Alternative für Deutschland (AfD) und der FPÖ, die auch deshalb Erfolg hätten, „weil sei es verstehen, den Eindruck zu erwecken, man würde sie ausgrenzen“. Dadurch werden die Rechtspopulisten für alle attraktiv, die sich in ihrer Angst vor der Globalisierung ausgegrenzt fühlen. Den Siegeszug der Rechtspopulisten hält Gysi in vielen Teilen der Welt für schwer zu stoppen: „Von Trump in den USA, Orban in Ungarn, Erdogan in der Türkei, Meloni in Italien bis zu Le Pen in Frankreich wird so getan, als ob alle Probleme durch Nationalismus zu lösen wären“.
Linken Parteien empfiehlt er Konzentration auf „reale Friedenspolitik, soziale Steuergerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit mit sozialer Verantwortung und auf die Gleichstellung von Frau und Mann“.
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