Kritik an „Schere“

Zinsen: Österreich will jetzt die Banken klagen

Wirtschaft
15.08.2023 14:04

„Dass Banken die Sollzinsen ständig nach oben schrauben, die Habenzinsen aber bei null lassen, ist inakzeptabel. Hier werden Gewinne auf Kosten der Konsumenten gemacht“, betonte Minister Johannes Rauch am Dienstag. Das Sozialministerium hat daher nun den Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit einer Verbandsklage gegen den Bankensektor beauftragt. Er sei zuversichtlich, dass diese „unzulässigen Geschäftspraktiken“ gerichtlich untersagt werden, so Rauch. 

Zinssätze sind von vielen Faktoren am globalen Finanzmarkt abhängig. Bei Krediten werden sie meist mit einem Aufschlag an die Konsumenten weiterverrechnet. Bei Girokonten agieren die Banken anders. Der Sollzinssatz ist variabel und steigt mit den Zinserhöhungen am Geldmarkt. Die Habenzinsen bleiben fix bei null, auch wenn die Zinsen am Geldmarkt weiter steigen sollten.

Auf einer von der Arbeiterkammer geführten Vergleichswebseite für Girokonten lagen die Sollzinsen für Kontoüberziehungen im österreichischen Bankensektor zwischen 6,75 und 13,25 Prozent. Die Habenzinsen für Kontoguthaben liegen großteils bei 0 bzw. 0,01 oder 0,02 Prozent. Je nach Verrechnungsform und Bundesland gibt es nur zwei „Ausreißer“ mit 0,125 und 1,5 Prozent. Bereits im Juni wurde deshalb die Bank Austria als Marktführerin stellvertretend für die gesamte Branche abgemahnt, diese war jedoch nicht bereit, eine freiwillige Unterlassungserklärung abzugeben.

„Es ist offensichtlich, dass diese Geschäftspraxis die gesamte österreichische Bankenbranche betrifft“, kritisierte Rauch. „Ich habe den VKI daher beauftragt, dagegen juristisch vorzugehen.“ Mit einer Entscheidung der ersten Instanz wird noch heuer gerechnet.

„Banken nützen Abhängigkeit“ von Girokonten
Nach Ansicht des Konsumentenschutz-Ministeriums waren Null-Zinsen für Guthaben auf dem Girokonto sachlich gerechtfertigt, solange die Zinssätze am Geldmarkt sehr niedrig oder sogar negativ waren. Doch nach den Zinssteigerungen der vergangenen Monate sparen die Banken jetzt erhebliche Kosten bei der Refinanzierung. Im Juni lag der 3-Monats-Euribor, zu dem sich Banken am Geldmarkt untereinander kurzfristig Geld leihen, bereits bei 3,48 Prozent.

Rauch: „Konsumenten sind auf ein Girokonto angewiesen. Die Banken nützen diese Abhängigkeit mit ihrer Geschäftspolitik. Das ist eine gravierende Verletzung des Gleichbehandlungs- und Zweiseitigkeitsgebots und muss nach unserer juristischen Einschätzung jedenfalls unzulässig sein. Es kann nicht sein, dass nur die Banken vom Aufwärtstrend am Geldmarkt profitieren.“

Verzinsung von Sparkonten unter Beobachtung 
Bislang hat das Ministerium nur gegen die fehlende Verzinsung von Guthaben auf Gehaltskonten rechtliche Maßnahmen ergriffen. Bei den Zinsen für Spareinlagen war die Situation bis zum Frühsommer 2023 ähnlich. Allerdings haben die Banken für diesen Bereich Änderungen angekündigt und teilweise auch bereits vorgenommen.

Das Ministerium wird die Situation bei Sparzinsen daher im September 2023 nochmals überprüfen und dann entscheiden, ob rechtliche Maßnahmen auch bei Sparzinsen ergriffen werden.

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