Sozialhilfe-Streichung
Italien: „Information per SMS ist soziales Trauma“
In Italien wird ab dem heutigen Dienstag zahlreichen Menschen das Bürgergeld gestrichen. Für Kritik sorgt vor allem, dass 169.000 Haushalte per SMS darüber informiert wurden. Das sei ein „soziales Trauma, das wir mit allen Mitteln hätten vermeiden müssen“, sagte der Präsident der Region Kampanien, Vincenzo De Luca.
Oppositionsparteien sprechen von einer „sozialen Bombe“, die schwer abschätzbare Folgen für die ärmere Bevölkerung habe. Bürgermeisterinnen, Bürgermeister und kommunale Behörden riefen die Regierung Meloni auf, die Kürzungen rückgängig zu machen. Wie berichtet, wurden 169.000 Haushalte per SMS kürzlich darüber informiert, dass sie ab dem 1. August keine Sozialhilfe mehr bekommen.
Hier sehen Sie einen Tweet zur Mitteilung per SMS.
Diese Nachricht der Sozialversicherungsanstalt INPS führte vor allem in Süditalien zu Protesten, wo die meisten Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld leben. Ein 60-jähriger Betroffener stürmte am Montag ins Büro des Bürgermeisters seiner Wohngemeinde Terrasini in der Provinz Palermo (Sizilien). Dort übergoss er sich mit Benzin und drohte damit, sich in Brand zu setzen. In Neapel, der Stadt mit der höchsten Zahl an Bezieherinnen und Beziehern, gab es am Montagnachmittag eine Protestkundgebung gegen die Streichung des Geldes.
„Wer arbeiten kann, darf dem Staat nicht auf der Tasche liegen“
Bezugsberechtigt sind nur noch Haushalte mit Menschen mit Behinderungen, Verheiratete mit Kindern und Jugendlichen sowie Seniorinnen und Senioren über 65 Jahre. Das Geld fällt damit vor allem für Langzeitarbeitslose, Alleinstehende oder Paare ohne Kinder weg. Wer arbeiten könne, dürfe dem Staat nicht auf der Tasche liegen, lautet die Devise der Regierung.
Alleinlebende Arbeitslose zwischen 18 und 59 Jahren bekommen künftig nur noch einen Zuschuss von 350 Euro pro Monat - unter der Voraussetzung, dass sie eine Qualifizierungs- oder Wiedereingliederungsmaßnahme besuchen. Der Zuschuss ist auf zwölf Monate begrenzt und unterliegt härteren Zugangsbedingungen als die bisherige Unterstützung. Wenn die Bezieherinnen und Bezieher ein Arbeitsangebot ablehnen, das mindestens 60 Prozent einer Vollzeitstelle umfasst und den tarifvertraglichen Mindestlohn vorsieht, verlieren sie die Leistungen.
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Wer das Geld verloren hat, aber nicht arbeitsfähig ist, soll Hilfe durch die Sozialdienste der Wohngemeinde bekommen. Den Kommunen ist aber noch unklar, wie das aussehen soll. Sie fürchten jetzt eine zusätzliche Belastung.
Die Regierung Meloni will die Zahl der Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger um 40 Prozent reduzieren. Damit sollen die Ausgaben von mehr als acht Milliarden auf fünf Milliarden Euro reduziert werden. Zuletzt lag das Bürgergeld für eine alleinstehende Person bei bis zu 780 Euro im Monat, eine vierköpfige Familie bekam 1330 Euro. Kritikerinnen und Kritiker sagten, dass das Geld dazu führe, dass Arbeitslose keinen Anreiz hätten, um einer Beschäftigung nachzugehen.
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