Rund 600 Familien haben heuer in Graz keinen Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs. Am Land ist die Lage noch prekärer. Eine betroffene Familie erzählt.
Damit sie einen anderen Posten erhält, hat die 32-jährige Sabine (Name von der Redaktion geändert) extra ein Studium begonnen, vor einem Monat wurde sie auch damit fertig. Zudem wurde die zielstrebige Grazerin vor 14 Monaten erstmals Mutter und fühlt sich jetzt wieder bereit, in den Job einzusteigen. Bewerbungen sind schon draußen, von mehreren Autoherstellern liegen auch konkrete Angebote vor. Für die junge Familie klingt alles perfekt - zusagen kann Sabine dennoch nicht: „Wir haben das Pech und sind eine der 600 Familien, die keinen Platz in einer Kinderkrippe bekommen hat“, erzählt ihr Lebensgefährte.
21 Gemeinden ohne Angebot für unter Dreijährige
Und das obwohl Graz laut Kinderbetreuungsatlas aus dem Jahr 2022 (siehe Grafik) eine der 74 bestkategorisierten steirischen Gemeinden unter 286 ist. Das heißt aber nur, dass eine Betreuung für die verschiedenen Altersgruppen mehr oder weniger durchgehend vorhanden ist, nicht aber auch ausreichend. Man kann sich dann die Situation am Land in Gemeinden der letzten Kategorie „D“ ausmalen. In 21 Gemeinden gibt es nicht einmal ein Angebot für unter Dreijährige!
Wie es mit Alternativen aussieht? „Zwar gibt es die Möglichkeit einer Tagesmutter in Andritz, hin und retour sind das für uns aber mit Verkehr je 40 Minuten und das schaffen wir mit zwei Vollzeit-Anstellungen einfach nicht“, schildert die Grazerin.
Immer weniger Tagesmütter
In 43 Gemeinden gibt es überhaupt kein Betreuungsangebot für vollzeit angestellte Eltern - dort gibt es nur Halbtageskindergärten. Bei einer anderen Tagesmutter besteht für die Grazer Familie vielleicht noch die Chance: „Die hat aber noch andere Kinder zur Auswahl.“ Denn auch Tagesmütter gibt es immer weniger, weiß die Abteilungsleiterin für Frauen und Gleichstellung bei der Arbeiterkammer, Bernadette Pöcheim.
Die Betreuungsqoute bei Unter-Dreijährigen liegt hierzulande bei 19 Prozent, das schon im Jahr 2002 von der EU ausgegebene Barcelona-Ziel (33%) liegt in weiter Ferne.
Zusätzlich muss dann viel Geld in die Hand genommen werden. Auch die Großeltern des Kleinkindes leben nicht um die Ecke, der gerade pensionierten Schwiegermutter will man eine Vollzeit-Betreuung nicht abverlangen. Die Möglichkeiten: Karenz verlängern, Stunden reduzieren - ein Dilemma, vor dem aktuell laut AK viele Steirerinnen stehen.
Dass Sabine zu Hause bleibt, ist derzeit aber noch kein Thema: „Meine Freundin will unbedingt arbeiten gehen, sie freut sich schon lange darauf. Vielleicht ergibt sich in den nächsten Wochen noch etwas“, hofft ihr 42-jähriger Partner. Sollte keine Lösung gefunden werden, ist die harte Realität wohl oder übel, dass sie zurückstecken muss und als Frau einmal mehr die Leidtragende ist.
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