Vorwurf: Mordversuch

Im Krankenbett in U-Haft und vor der Richterin

Salzburg
24.04.2023 18:30

Ein querschnittsgelähmter 42-Jähriger wird sich Ende Juni dem Mordvorwurf stellen. Laut Arzt aber nur halb liegend und mit Pausen. Die „Krone“ fragte näher zum Thema Verhandlungsfähigkeit nach.

Ist der Angeklagte gesund genug zum Verhandeln? Eine Frage, die sich Richter vor jedem Strafprozess stellen müssen. Es ist auch zurzeit Thema eines prominenten Falls rund um einen österreichischen Schauspieler. Laut Gesetz muss das Gericht nämlich sicherstellen, dass der Beschuldigte dem Prozess folgen und sich verständlich äußern kann - Stichwort faires Verfahren. Doch was, wenn man dauerhaft krank oder gelähmt ist? Ein Fall um einen wegen Mordversuchs angeklagten Deutschen (siehe dazu diesen Bericht) zeigt, wie dies abläuft.

Arzt klärte ab, wie lange verhandelt werden darf
Noch im Krankenbett ist über den 41-Jährigen damals die Untersuchungshaft verhängt worden. Nicht unüblich, denn „der Gesundheitszustand wirkt sich grundsätzlich nicht auf die U-Haft aus“, erklärt Peter Egger vom Landesgericht. Theoretisch ginge dies sogar bei einem im Koma liegenden Beschuldigten.

Fakten

  • Strafrechtlich ist von „Vernehmungs- und Verhandlungsfähigkeit“ die Rede, bei Zivilprozessen sprechen Juristen von der „Prozessfähigkeit“.
  • In der Strafprozessordnung (StPO) finden sich gesetzliche Regelungen, welche Rechte der Beschuldigten zu wahren sind und wie in solchen Fällen vorzugehen ist: Beispielsweise wird unter Paragraf 197 (2a) geklärt, ab wann ein Verfahren abgebrochen wird.

In weiterer Folge hat das Gericht einen Allgemeinmediziner mit einem Gutachten zur Verhandlungsfähigkeit beauftragt. Demnach darf der Angeklagte nur 90 Minuten in halbliegender Position verhandeln. Nach einer 45-Minuten-Pause seien weitere eineinhalb Stunden zumutbar. Dies idealerweise in einem Krankenbett. Zudem müsse der Angeklagte einen Tag vor dem Prozess bereits nach Salzburg gebracht werden. „Ich erwarte, dass das Gericht die gesundheitlichen Aspekte meines Mandanten beachtet“, betont Mandl und verweist auf die Strafprozessordnung. Heißt: Das Landesgericht wird wohl beim Prozess am 22. Juni eine Liege im Schwurgerichtssaal bereitstellen. Wie das genau ablaufen wird, ist noch unklar.

Den eigenen Prozess unter Vorspiegelung einer Krankheit zu schwänzen würde aber nicht klappen, erklärt Egger. „In solchen Fällen braucht es immer ein ärztliches Attest. Sollte das Gericht an diesem Zweifel haben, wird näher nachgeforscht.“ Die Justiz kann von sich aus einen Arzt bestimmen, der den Beschuldigten untersucht und die Verhandlungsfähigkeit abklärt. Sollte dieser zur Meinung kommen, dass der Betroffene über einen längeren Zeitraum nicht verhandlungs- und vernehmungsfähig ist, kann das Strafverfahren abgebrochen werden – beispielsweise bei schweren chronischen Erkrankungen oder bei einem Wachkoma-Patienten.

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