Andreas Ivanschitz ist ein wohl erzogener junger Mann. Im burgenländischen Baumgarten genoss er eine viel zu gute Kinderstube, als dass er öffentlich über Menschen herziehen würde, die ihm nicht zu Gesicht stehen. Selbst als sich "Sturschädel" Didi Constantini beharrlich weigerte, den Mainz-Kreativgeist trotz guter Leistungen in der deutschen Bundesliga ins Team zu holen, parierte er bohrende Journalisten-Fragen stets mit diplomatischem Geschick.
So verwunderte es auch nicht weiter, dass Ivanschitz nach seinem Traumcomeback mit einem Tor und einem Assist im insgesamt 50. Länderspiel seiner Karriere auf verbale Retourkutschen Richtung Tirol verzichtete. Der feinsinnige Heimkehrer machte es viel subtiler - und traf Constantini damit vielleicht noch viel mehr. "Ich möchte mich bei Willi Ruttensteiner für das Vertrauen bedanken", strahlte er unmittelbar nach dem 4:1-Sieg: "Mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen, der Druck war schon groß. Aber ich habe mich gut eingefügt und gleich Leistung gebracht."
"Habe Blick in die Zukunft gerichtet"
Viel deutlicher hätte er Constantini auch mit plumpen Direkt-Abrechnungen nicht vor Augen führen können, dass er seine über zweijährige Teamabstinenz für ungerechtfertigt hielt. Auch wenn Ivanschitz - darauf angesprochen - nach dem Spiel in Aserbaidschan erklärte: "Es bringt nichts, diese Sache nach jedem Länderspiel aufzuarbeiten. Ich habe meinen Blick nach vorne gerichtet."
Der Mittelfeldspieler kam gegen Aserbaidschan auf der für ihn eher ungewohnten Position am linken Flügel zum Einsatz und überließ den Platz im Offensiv-Zentrum Marko Arnautovic, damit dessen Offensivmängel besser kaschiert werden konnten. "Teamchef Willi Ruttensteiner hat den Vorschlag gemacht, damit Marko entlastet wird und nicht so viel laufen muss", verriet Ivanschitz.
Auch Janko kann's noch
Im Schatten der geglückten Rückkehr von Andreas Ivanschitz hat es am Freitag in Baku ein weiteres "gefühltes Comeback" in der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft gegeben. Marc Janko präsentierte sich im ÖFB-Dress erstmals seit Langem wieder von seiner besten Seite und hatte mit seinen beiden Toren maßgeblichen Anteil am 4:1-Sieg in der EM-Qualifikation gegen Aserbaidschan.
Unter Teamchef Dietmar Constantini war der Twente-Legionär oft unter seinen Möglichkeiten geblieben, erhielt aber auch nicht immer die Chance, seine Qualitäten unter Beweis zu stellen. Interims-Coach Willi Ruttensteiner hingegen bestätigte Janko noch kurz vor dem Match in Baku als Kapitän und setzte auf den Goalgetter als Solo-Spitze, während für Stefan Maierhofer nur Platz auf der Tribüne war.
"Habe das Vertrauen zurückgezahlt"
"Ein Stürmer braucht Vertrauen. Das habe ich von Ruttensteiner bekommen und das habe ich zurückgezahlt", erklärte Janko, der aber ebenso wie Ivanschitz keine schlechten Worte über Constantini verlieren wollte. "Es wäre unfair, die letzten Misserfolge an ihm aufzuhängen. Er hat sein Bestes gegeben."
Erklärungen, wonach seine (Jankos) durchwachsenen Leistungen in den letzten Länderspielen mit dem für ihn nicht maßgeschneiderten taktischen Konzept verbunden waren, ließ Janko nicht gelten. "Es braucht kein eigenes System für mich. Ich habe auch unter Karel Brückner getroffen, obwohl wir da mit zehn Mann verteidigt haben."
Perfekter Einstand für Ruttensteiner
Viel besser hätte also Willi Ruttensteiners Einstand als Interims-Teamchef der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft nicht verlaufen können. Mit dem 4:1-Auswärtssieg am Freitag in Baku gegen Aserbaidschan gelang dem Oberösterreicher nämlich nicht nur die Absicherung von Platz vier in der EM-Qualifikationsgruppe A, sondern auch die Beendigung der fünfjährigen Wartezeit auf einen Auswärtssieg. "Doch eine Genugtuung ist dieser Sieg nicht für mich, sondern einfach nur schön für die Mannschaft und den gesamten österreichischen Fußball", betonte Ruttensteiner, der eigentlich gar nicht viel anders als Constantini machen wollte.
Doch wirklich glaubwürdig wirkte er mit dieser Ankündigung schon bei seiner Antritts-Pressekonferenz nicht. Nicht nur, dass er Ivanschitz ("sein tolles Comeback ist eine ganz besondere Geschichte") zurückholte und Janko wieder zum "Einser-Kapitän" adelte - auch Fitness-Trainer Roger Spry, auf den Constantini ruhigen Gewissens verzichtete, "reanimierte" Ruttensteiner. "Weil er einer der besten in Europa ist." Und so ließ Spry im Teamcamp in Bad Tatzmannsdorf die Team-Granden wieder rhythmisch klatschen, verbog ihre Arme und Beine auf recht unorthodoxe Weise und dirigierte sie in Aserbaidchan durch mitunter gewöhnungsbedürftige Aufwärmübungen.
"Vielleicht freut sich Constantini über den Sieg"
Ruttensteiner verzichtete nach dem souveränen 4:1 in Baku trotzdem auf Selbstbeweihräucherung. "Nicht ich habe etwas gemacht, sondern die ganze Mannschaft hat etwas gemacht. Man hat schon in Bad Tatzmannsdorf gesehen, wie konzentriert alle Spieler arbeiten", sagte Ruttensteiner und ergänzte: "Ich maße mir nicht an, zu sagen, dass das meine Handschrift war. Constantini hat die Basis gelegt, vielleicht freut er sich auch über diesen Sieg." Vielleicht denkt er sich aber auch: "Ohne Janko, Ivanschitz und Spry hätten wir viel höher gewonnen."
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