Im Mai öffnet in Mörbisch das erste burgenländische Krisenzentrum der Kinder- und Jugendhilfe. In familiären Ausnahmesituationen sollen hier Mädchen und Burschen eine Bleibe auf Zeit finden. Zu verdanken ist dies der 25-jährigen Vanessa Schwaighofer. Sie verlor ihre Eltern auf tragische Weise.
Wenn häusliche Gewalt oder Missbrauch im Spiel sind, Eltern psychisch erkranken, verunglücken oder plötzlich sterben und der Verdacht auf akute Kindeswohlgefährdung besteht, benötigen betroffene Mädchen und Burschen unbedingt ein schützendes Zuhause, in dem sie wieder Stabilität erfahren können.
Weil die Zahl der Gefahrenmeldungen im Burgenland seit Jahren steigt, wird demnächst in Mörbisch eine Sozialeinrichtung eröffnet, indem Drei-bis 18-jährige im Fall familiärer Ausnahmesituationen bis zu sechs Monaten untergebracht werden können.
Projekt mit Mehrwert
Das viergeschossige Haus, in dem sie eine vorübergehende Herberge finden sollen, war eine ehemalige Frühstückspension und gehörte der 25-jährigen Mörbischerin Vanessa Schwaighofer. Die Versicherungsgestellte hätte ihr Erbe auch an andere Interessenten veräußern können, entschied sich aber ganz bewusst dafür, es an die Sozialen Dienste Burgenland zu verkaufen.
Mich hat dieses Projekt sofort berührt, denn hätte ich nicht meine Großeltern und meinen drei Jahre älteren Bruder Philipp, wäre ich vor acht Jahren sehr wahrscheinlich auch in ein Krisenzentrum gekommen.
Vanessa Schwaighofer (25)
Brutale Schicksalsschläge
2015 wurde ihre Mutter Ulrike bei einem Autounfall mit nur 46 Jahren aus dem Leben gerissen. Vanessa war damals 17 Jahre alt. Ein Jahr später nahm sich ihr Vater Gerhard, ein Salesmanager, das Leben: „Anfangs baute Papa uns auf, aber mit der Zeit kam er mit Mamas Tod und den finanziellen Mehrbelastungen, die sich danach ergaben, nicht mehr zurecht. Statt über seine Überforderung zu reden und sich psychotherapeutische Hilfe zu suchen, so wie ich, zog er von Zuhause weg und ließ sich nichts anmerken."
Umso größer war der Schock für Vanessa Schwaighofer, als eines Tages wieder das Kriseninterventionsteam vor der Tür stand und sie über den Suizid des Vaters informierte. Was danach passierte, weiß sie nicht mehr. Bis heute ist sie in psychologischer Behandlung, um ihr Trauma zu verarbeiten.
Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie wichtig in der Krise und seelischen Not ein Zuhause ist.
Vanessa Schwaighofer
Halt und Sinn
Der Tod ihrer Eltern hat Schwaighofer und ihren Bruder so eng zusammengeschweißt, dass sie sich Tattoos stechen haben lassen. „My brother‘s keeper“, „Der Hüter meines Bruders“, steht auf ihrem Arm, „My sister‘s protector“, „Der Beschützer meiner Schwester“ auf seinem. Auf der Innenseite ihres Handgelenks sieht man außerdem eine vierköpfige Familie - Hand in Hand.
„In einem Traum teilte mir Mama mit, dass sie vorausgegangen ist und auf uns wartet. Seither bin ich sicher, dass es ein Leben nach dem Tod gibt und wir darüber hinaus verbunden sind. Das gibt mir Kraft, weiterzugehen, mein Leben in die Hand zu nehmen und mit meiner Geschichte auch anderen Mut zu machen. Genau das wäre im Sinn meiner Eltern“ sagt Schwaighofer, die nun in Donnerskirchen lebt.
Wenn gewünscht, wird sie auch den Kindern und Jugendlichen im Krisenzentrum Zuversicht schenken: „Sie dürfen mich alles fragen, damit nichts umsonst war. Einen Appell habe ich jetzt schon: Nehmt Hilfe an. Niemand muss immer stark sein!“
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