Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr, lautet ein altes Sprichwort. Deshalb werden die Waldkinder aus dem burgenländischen Purbach schon von klein auf für Klima- und Umweltschutz, gesunde Ernährung und ein gemeinschaftliches Miteinander sensibilisiert.
Egal ob es stürmt, regnet, friert oder schneit: Bei den Waldkindern Libella, einer privat finanzierten Kinderbetreuungsgruppe in Purbach, wird bei jeder Witterung im Freien gespielt. Das alternative pädagogische Konzept zielt nämlich darauf ab, die Beziehung zur Natur zu intensivieren. Gemeinsam werden Wald, Wiesen und Bäche erkundet, Stöcke geschnitzt und Kränze geflochten. Außerdem wird der Waldboden barfuß erkundet, Stockbrot am Lagerfeuer gebraten und Wissen mithilfe von Naturmaterialien begreifbar gemacht. Die Natur als „größtes Lehrbuch aller Zeiten“ bietet jeden Tag Spannendes, das erforscht werden kann - frei nach dem Motto von Konrad Lorenz „Man schützt nur, was man liebt, man liebt nur, was man kennt."
Gegenbewegung zu den Smartphone-Kids
„Bei uns entdecken die Kinder die Jahreszeiten nicht nur in Bilderbüchern, sondern hautnah mit allen Sinnen. Wir bauen Hütten, klettern auf Bäume, pflücken Blumen und Kräuter, kosten Wildpflanzen und Nüsse und beobachten Igel, Frösche, Rehe und Insekten. Sie können aber auch ihre Geschicklichkeit und Selbstständigkeit erproben und das Gefühl verinnerlichen, in einer Gemeinschaft aufgehoben zu sein“, erklärt die 38-jährige aus Südtirol stammende Vereinsobfrau Christiane Raffeiner. In einer Welt, die immer virtueller, steriler und kühler werde, sei diese Erfahrung Goldwert: „Zwei meiner vier Kinder, die ebenfalls zur Gruppe gehören, können bereits außerordentlich viele Heil- und Giftpflanzen benennen.“
Es wäre wunderbar, wenn wenn wir allen interessierten Kindern diese Kindheitserfahrungen in der Gruppe möglich machen könnten.
Vereinsobfrau Christiane Raffeiner
Individuelle Begleitung
Damit den 14 Kindern, die aus dem Ort und den umliegenden Gemeinden stammen, jetzt im Winter nicht kalt wird, sind alle in Skianzüge gepackt und mit Thermoskannen ausgerüstet. Aufmerksam lauschen sie ihren beiden anwesenden Betreuerinnen. „Die Bewegung an der frischen Luft hilft ihnen, sich zu konzentrieren und stärkt obendrein ihr Immunsystem. Besonders wichtig ist uns, dass jedes Kind in seiner Einzigartigkeit wahrgenommen wird und individuell begleitet wird“, sagt die leitende Pädagogin Lucia Brenner.
Seit kurzem steht den Kindern zum Aufwärmen auch ein winterfester Zirkuswagen mit kleinen Tischen und Bänken zur Verfügung, den die Eltern mit viel Hingabe selbst gebaut haben. Das Mittagessen ist immer vegetarisch, biologisch und zuckerfrei. Manchmal dürfen sie bei der Zubereitung auch mithelfen. „So wachsen sie mit einem starken Ernährungs- und Umweltbewusstsein auf“, sagt Raffeiner.
Große Nachfrage
Die Zahl der Familien, die sich eine alternative Kinderbetreuung wünscht, nehme stark zu. Da die Kosten fast ausschließlich von den Familien selbst getragen werden, sei es aber für viele eine Herausforderung, die Monatsbeiträge von 200 Euro plus Essensgeld, Einstiegsbeiträgen und ehrenamtlicher Arbeitszeit aufzubringen: „Förderungen seitens des Landes wären daher hilfreich. In anderen Bundesländern wird die Schaffung zusätzlicher Kinderbetreuungsplätze durch private Einrichtungen sehr begrüßt und mittels öffentlicher Mittel unterstützt. Es bleibt zu hoffen, dass sich dahingehend auch im Burgenland bald etwas verbessert.“
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