Planstellen unbesetzt

Sicherheitsalarm in den heimischen Haftanstalten

Tirol
26.01.2023 06:00

Seit Jahren herrscht ein eklatanter Personalmangel in Österreichs Justizanstalten - die „Krone“ berichtete mehrfach. Eine aktuelle Anfragebeantwortung durch die grüne Justizministerin Alma Zadic macht das Ausmaß der Unterbesetzung deutlich. Im Zuge dessen zählt sie auch einige gezielte Recruiting-Maßnahmen auf. Dennoch kommt Kritik: „Das Bemühen der Ministerin reicht einfach nicht aus“, sagt SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim.

„Zum 1. November 2022 waren 144 Exekutivdienstplanstellen unbesetzt. Mit Ende 2022 werden voraussichtlich unter Einrechnung von zwei Grundausbildungslehrgängen und nach Abzug noch möglicher Ruhestandsversetzungen in etwa 120 Planstellen unbesetzt sein“, erklärt die Ministerin. Von Jänner bis November 2022 hat sich die Zahl der Vollzeitäquivalenten um vier erhöht und beträgt 3315.

Die Personalnot schlägt sich auch auf die Überstunden nieder. Im Jahr 2021 absolvierten die Justizwache-Beamten 215.212 Überstunden, im Vorjahr waren es 162.515 - diese Daten beziehen sich auf die Monate Jänner bis September. Wie viel Urlaub von den Mitarbeitern der Justizwache in den vergangenen fünf Jahren nicht konsumiert werden konnte, könne laut Zadic hingegen „ohne unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand nicht beantwortet werden“.

Einschaltungen in Medien, Teilnahmen an Berufsmessen und mehr
„Der Wettbewerb um ausreichend qualifiziertes Exekutivdienstpersonal hat sich in den letzten Jahren sehr verschärft“, betont Zadic. Das Ministerium sei laufend bestrebt, die Tätigkeit der Berufsgruppen darzustellen und der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Es werden bestimmte Recruiting-Maßnahmen lanciert, wie etwa Einschaltungen in Printmedien, Teilnahme an Berufsmessen sowie Anwerbungen in Schulen und Firmen bis hin zu Werbespots in Kinos.

Auch Online-Recruiting-Days stehen auf der Agenda, an denen allen Interessierten Informationen und Tipps rund um Bewerbungsmodalitäten, Ausbildung, Beruf und Weiterbildungsmöglichkeiten geboten werden. „Seit Dezember 2021 organisierte die Strafvollzugsakademie mit den Ausbildungszentren Stein und Linz acht derartige Events, an denen 2657 Interessierte teilgenommen haben. Mit dieser Maßnahme konnten zwei Grundausbildungslehrgänge gefüllt werden“, so Zadic.

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Es wird auch laufend evaluiert, welche Recruiting-Maßnahmen am besten wirken und welche zusätzlichen Werbemöglichkeiten zielführend sind.

Justizministerin Alma Zadic

„Ausschreibung für Recruiting-Officers läuft“
Zudem habe das Ministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport der Einrichtung und Bewertung von zwei dem Exekutivdienst zugehörigen Recruiting-Officers in der Strafvollzugsakademie zugestimmt, die gezielt das Berufsbild der Justizwache, aber auch aller anderen Tätigkeiten im Strafvollzug bewerben und zur Umsetzung von Maßnahmen im Zusammenhang mit Personal-Recruiting eingesetzt werden sollen. Einer sei für die Ost-, der andere für die Westregion zuständig. Über diese beiden erfolge nunmehr die diesbezügliche interne und externe Kommunikation sowie die Administration zur Rekrutierung neuen Personals. In diesem Rahmen werden die Recruiting-Officers auch eine elektronische Plattform zur Beantwortung von Fragen über die Berufe im Straf- und Maßnahmenvollzug bzw. insbesondere zum Justizwacheberuf betreiben. Die Ausschreibung sei derzeit im Gange.

Evaluierung von Dienstplänen, Reduzierung der Stundenbelastung
„Es wird auch laufend evaluiert, welche Recruiting-Maßnahmen am besten wirken und welche zusätzlichen Werbemöglichkeiten zielführend sind. Hier ist zum Beispiel angedacht, Dienstautos als Werbeflächen für die Rekrutierung neuen Personals zu nützen oder eine eigene Social-Media-Organisationseinheit für Rekrutierungsmaßnahmen aller Berufsgruppen im Justizressort einzurichten“, erklärt die Justizministerin.

Ferner werde auch das derzeitige Aufnahmeverfahren einer Evaluierung hinsichtlich einer zeitlichen Straffung unterzogen und darauf hingewirkt, dass die Justizwache in die Reformüberlegungen für ein allfälliges Dienstrecht der Polizei und des Bundesheeres miteinbezogen werden könne. Auch die bestehenden Dienstpläne werden laufend evaluiert sowie optimiert und man arbeite daran, die Stundenbelastung der Justizwache durch Entlastung von Verwaltungsaufgaben zu reduzieren. Hinzu kommen kontinuierliche Schulungen und Fortbildungen der Beamten.

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In den Haftanstalten herrschen Zustände, die offenbar bereits eine massive Sicherheitsgefährdung des Personals darstellen. Leider ändert sich daran auch kaum etwas.

Selma Yildirim

Ein weiterer Schwerpunkt liege im betrieblichen Gesundheitsmanagement, das aus Sicht des Justizministeriums ein zentraler Faktor sei, um als attraktiver Dienstgeber wahrgenommen zu werden. In diesem Zusammenhang wurde bereits in der Strafvollzugsakademie eine eigene Stabsstelle Psychologischer Dienst eingerichtet, der neben der Betreuung der Aufnahmetestungen im psychologischen Bereich auch die Evaluation der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz der Bediensteten und die entsprechenden gesundheitsfördernden Maßnahmen obliegen.

„Anteil von Frauen und Personen mit Migrationsbiografie soll erhöht werden“
Durch diese gezielte Öffentlichkeitsarbeit und den ständigen Ausbau von Werbemaßnahmen zur Rekrutierung von Berufsanfängern soll laut Anfragebeantwortung „insbesondere der Anteil von Frauen sowie von Personen mit Migrationsbiografie bei der Justizwache erhöht werden“.

„Der Personalmangel ist nicht mehr tragbar“
SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim, die die Anfrage eingebracht hat, betont, dass dieser Personalmangel „nicht mehr tragbar“ sei: „Das Problem existiert seit Jahren. In den Haftanstalten herrschen Zustände, die offenbar bereits eine massive Sicherheitsgefährdung des Personals darstellen. Leider ändert sich daran auch kaum etwas.“ Hinzu komme, dass es zusätzliche Planstellen benötige, damit die Justizwache die vorgegebenen Aufgaben erfüllen könne.

„So sind Betriebe zur Ausbildung und Beschäftigung von Häftlingen immer wieder geschlossen. Die Arbeit dort wäre aber wichtig“, sagt Yildirim. Sie nehme das Bemühen der Justizministerin zur Kenntnis, „offenbar reicht das jedoch nicht“. Seit Jahren fordere die SPÖ klare Führungskonzepte in den Justizanstalten, die Schaffung und bessere Bewertung neuer Planstellen sowie strukturelle Verbesserungen und eine Personaloffensive.

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