Politik gefordert

18% Inflationsrate: Briten droht Preisexplosion

Wirtschaft
22.08.2022 15:36

Ökonomen der US-Großbank Citi sagen den britischen Verbrauchern eine Preisexplosion voraus. Die Inflationsrate werde Anfang kommenden Jahres auf 18 Prozent steigen, schrieb Citi-Volkswirt Benjamin Nabarro am Montag in einer Notiz an Kunden des Geldhauses. Das wäre die stärkste Teuerung seit 1976. Sie läge dann neunmal so hoch wie von der Bank of England angestrebt: Die britische Notenbank will die Inflationsrate eigentlich bei zwei Prozent halten.

Die britische Wirtschaft ist zu Beginn des Jahrzehnts im Zuge der Corona-Pandemie so stark eingebrochen wie seit mehr als 300 Jahren nicht mehr. Wie das Nationale Statistikamt ONS am Montag mitteilte, schrumpfte die Wirtschaftsleistung 2020 um 11 Prozent.

Britische Wirtschaft 2020 eingebrochen wie seit 1709 nicht mehr
Die Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) werden vom ONS von Fall zu Fall revidiert: Es hatte bereits in einer ersten Schätzzahl für 2020 den größten Absturz des BIP seit mehr als 300 Jahren gemeldet, dann aber in einer Aufwärtsrevision einen Rückgang von 9,3 Prozent genannt. Dies wäre immerhin der größte BIP-Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Die Wirtschaft im Vereinigten Königreich hatte sich voriges Jahr wieder berappelt und im November 2021 das Vor-Corona-Niveau erreicht. Doch im Zuge der ausufernden Inflation geht die Bank of England (BoE) mittlerweile davon aus, dass das Land noch heuer in eine Rezession abgleitet.

„Die Frage ist nun, was die Politik tun kann, um die Auswirkungen sowohl auf die Inflation als auch auf die Realwirtschaft auszugleichen“, schrieb Ökonom Nabarro. Die als Favoritin für die Nachfolge des scheidenden Premierministers Boris Johnson geltende Liz Truss werde wohl Maßnahmen zur Unterstützung der Haushalte vorschlagen. Diese würden die Inflation aber wohl nur sehr begrenzt ausgleichen, so der Experte.

Leitzins bei 1,75 Prozent
Citi geht davon aus, dass die BoE härter gegensteuern muss. „Dies bedeutet, dass die Zinssätze schnell in den restriktiven Bereich gebracht werden müssen“, schrieb Nabarro. „Sollten sich Anzeichen für eine stärker verankerte Inflation ergeben, ist unserer Meinung nach ein Leitzins von sechs bis sieben Prozent erforderlich, um die Inflationsdynamik unter Kontrolle zu bringen.“ Aktuell liegt der Leitzins bei 1,75 Prozent. Mit höheren Zinsen soll verhindert werden, dass sich der Inflationsanstieg in der Wirtschaft festsetzt und sich Löhne und Preise immer weiter hochschaukeln.

Waren kosteten im Juli durchschnittlich 10,1 Prozent mehr als im Vorjahr
Der Preisdruck im Vereinigten Königreich ist aktuell bereits so stark wie seit vier Jahrzehnten nicht mehr: Waren und Dienstleistungen kosteten im Juli durchschnittlich 10,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Stärkster Preistreiber ist Energie. Aber auch bei den Einkäufen des täglichen Bedarfs müssen die Briten immer tiefer in die Taschen greifen: Im Einzelhandel stiegen die Preise mit 12,3 Prozent so stark wie seit 1981 nicht mehr. Hier sagt Citi sogar Höchstwerte von mehr als 20 Prozent voraus.

Das zieht ungewöhnliche Maßnahmen nach sich: Die britische Supermarktkette Iceland Foods etwa bietet ihren Kunden angesichts der extrem hohen Inflation zinslose Kleinkredite für den Kauf von Lebensmitteln an. Das Programm richtet sich an arme Haushalte, die mit den steigenden Lebenshaltungskosten zu kämpfen haben. Iceland Foods mit seinen mehr als 900 Geschäften arbeitet dabei mit dem gemeinnützigen Kreditgeber Fair For You zusammen.

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