Tadel von Rendi-Wagner

„Man kann nicht endlos Gutscheine verteilen“

Politik
16.08.2022 13:43

Einmal mehr hat SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner die Regierung kritisiert, die zu wenig unternehme, um die Inflation zu dämpfen. Im „Roten Foyer“ erhielt sie diesmal Schützenhilfe vom ehemaligen Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny. Gemeinsam forderten sie gezielte Eingriffe ins Preissystem, um die Teuerung in Österreich abzumildern. Sie wollen außerdem die CO2-Abgabe ein weiteres Mal verschieben und Übergewinne von Energiekonzernen besteuern.

Zwar habe die türkis-grüne Koalition einige Maßnahmen gesetzt, um die Kaufkraft zu stärken, räumte Rendi-Wagner am Dienstag ein. Die Gutscheinaktionen der Regierung seien „okay“, aber: „Man kann nicht endlos Gutscheine verteilen und der steigenden Inflation zusehen!“, betonte sie. Es brauche zusätzlich Maßnahmen, die gezielt preisdämpfend vor allem bei Lebensmitteln und Sprit wirken, so Rendi-Wagner, die auf ihr kürzlich vorgelegtes Fünf-Punkte-Programm verwies.

Darin forderte sie neben einem - derzeit diskutierten - Strompreisdeckel auch einen Gaspreisdeckel, die sofort eingeführt werden sollten, nicht erst im Herbst. Zudem sollen Richtwert- und Kategoriemieten eingefroren werden. Bei Grundnahrungsmitteln will die SPÖ ein Aussetzen der Mehrwertsteuer (derzeit zehn Prozent), genauso wie bei Treibstoff. Dort soll es zusätzlich eine aktive Preiskontrolle geben.

Aktiver Eingriff „möglich und notwendig“
Ein gezielter Eingriff ins Preissystem sei „nicht nur möglich, sondern notwendig“, bekräftigte Pamela Rendi-Wagner. Im Juli lag die Inflation laut Statistik Austria bei geschätzt 9,2 Prozent - So hoch wie seit 1975 nicht mehr. Sollte nicht gegengesteuert werden, drohe eine weiter steigende Teuerung. Die SPÖ-Chefin verwies auf den WIFO-Inflationsexperten Josef Baumgartner, der in den kommenden Monaten eine Inflationsrate von mehr als zehn Prozent erwartet, sollte keine Trendumkehr stattfinden. Rendi-Wagner verwies auf Länder wie Deutschland und Frankreich, wo die Inflation aufgrund gezielter Maßnahmen gesunken sein. In Deutschland hätten die Tankrabatte den Spritpreis um 30 Prozent verringert.

Kritik an den Maßnahmen der Regierung übte auch der ehemalige SPÖ-Politiker und Ex-Nationalbankchef Ewald Nowotny. Die Unterstützungsmaßnahmen für finanzschwache Haushalte seien zwar „prinzipiell richtig“, würden aber in einer „verwirrenden Vielfalt und erheblichen Ineffizienz“ erfolgen.

„Massiv positiver Effekt“ durch Mehrwertsteuer-Senkung
Nowotny forderte dagegen wie Rendi-Wagner eine vorübergehende Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und Treibstoff. Einwänden, wonach eine solche Maßnahme nicht sozial treffsicher sei, widersprach er: Dabei sein „auf jeden Fall ein massiver positiver Effekt zu erwarten“, da Menschen mit niedrigen Einkommen einen höheren Anteil davon für Lebensmittel ausgeben als solche mit hohen Einkommen. Die Aussetzung der Mehrwertsteuer werde auch von den Konzernen weitergegeben werden, da es im Lebensmittelhandel einen starken Preiskampf gebe.

Obwohl die Regierung die geplante CO2-Abgabe bereits auf Oktober verschoben hat, forderten Rendi-Wagner und Nowotny eine erneute Verschiebung. Begründung: Auch ohne die Abgabe wurde der Sprit teurer, der Lenkungseffekt, der dadurch geplant war, sei inzwischen durch die Inflation weit übertroffen worden. Eine Preissteigerung bei Treibstoff sei in dieser Situation „zynisch“, erklärte die SPÖ-Chefin. Es gehe darum, nicht zusätzlich inflationssteigernde Maßnahmen zu setzen, ergänze Nowotny. Man sollte die CO2-Abgabe - wie auch die Lebensmittel-Mehrwertsteuer - vorübergehend aussetzen, bis sich die Inflation auf etwa 4 bis 5 Prozent abgeschwächt habe.

„Regierung greift SPÖ-Vorschläge verzögert auf“
SPÖ-Vorsitzende Rendi-Wagner forderte auch, die Übergewinne, die die Energiekonzerne aufgrund der erhöhten Preise, zu besteuern. Dabei übte sie deutliche Kritik an Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler, der im ORF-„Sommergespräch“ erklärt hatte, man arbeite in der Regierung an einem entsprechenden Modell. „Zuerst sagt Vizekanzler Kogler, das wäre nicht wirksam und dann greift die Regierung mit großer Zeitverzögerung unsere Vorschläge auf“, so die SPÖ-Parteivorsitzende in Koglers Richtung. Die Einnahmen aus der Besteuerung der Übergewinne sollten je zur Hälfte für Maßnahmen gegen die Teuerung und zum Ausbau der erneuerbaren Energie verwenden, so der Vorschlag Rendi-Wagners.

Kritik an der SPÖ-Chefin kam postwendend von der ÖVP: Generalsekretärin Laura Sachslehner erklärte per Aussendung, Rendi-Wagners Forderungen seien „sündteure Maßnahmen, die aber nur wenig helfen“. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch wiederum warf den Sozialdemokraten vor, mit den Preisdeckeln auf Gas, Strom und Treibstoffe freiheitliche Ideen „abzukupfern“. 

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