Steuerzahler geprellt

Sozialbetrug: Von toten Müttern und Ferienhäusern

Österreich
18.07.2022 19:02

Wehe dem, der den Steuerzahler aufs Kreuz legt: Vor vier Jahren gründete das Innenministerium eine Taskforce, die Sozialbetrügern das Handwerk legen soll - die Zwischenbilanz fällt positiv aus. Dabei deckten die Ermittler auch makabre, kuriose und besonders dreiste Fälle auf. Der kriminellen Fantasie sind dabei offenbar keine Grenzen gesetzt.

Kaum eine andere Form der Kriminalität regt Herrn und Frau Österreicher mehr auf als Sozialbetrug. Immerhin wird dabei nicht das Individuum über den Tisch gezogen, sondern wir alle. Jene, die brav ihre Steuern und Abgaben beim Fiskus abliefern, auch wenn die Zeiten schlecht sind. Auf der anderen Seite stehen jene, die das System unterwandern, verbiegen, regelrecht ausbeuten.

Genau darauf hat sich vor mittlerweile vier Jahren eine eigene Gruppe im Bundeskriminalamt spezialisiert. Unter dem wenig spektakulären Kürzel TF SOLBE (Taskforce Sozialleistungsbetrug) wird seit 2018 schwarzen Schafen verstärkt auf die Füße gestiegen. Schon um einiges spektakulärer sind die Zahlen, mit denen die Taskforce aufwartet - und jetzt präsentierte.

Tatsächlich konnten seit Gründung der Taskforce immer mehr Fälle aufgedeckt werden. Polizei und Finanz arbeiten dabei Hand in Hand. Bei Sozialbetrug handle es sich um ein klassisches Kontrolldelikt, wie Innenminister Gerhard Karner und Finanzminister Magnus Brunner unter anderem erklärten. Soll heißen: Je höher der Fahndungsdruck, desto mehr Täter fliegen auf. Das spiegelt sich nun in den vorliegenden Zahlen wider.

Fakten

  • Mehr als 11.000 angezeigte Fälle schlagen seit 2018 mit einem angerichteten Schaden von rund 60 Millionen Euro zu Buche.
  • Alleine im Vorjahr wurden 4300 Anzeigen gelegt und mehr als 4700 Verdächtige ausgeforscht.
  • Die Ermittler machten 50 (!) verschiedene Begehungsformen aus.

Wien als Brennpunkt, 70 Prozent der Täter aus dem Ausland
Im Bundesländer-Vergleich hat die Hauptstadt die Nase weit vorn: Mehr als die Hälfte der seit 2018 aufgedeckten Betrugsfälle wurden in Wien angezeigt, es folgen Oberösterreich und die Steiermark. Im Burgenland waren es nur 80 Delikte. Groß ist auch die Schere, wenn man sich die Herkunft der Täter anschaut: 70 Prozent stammen aus dem Ausland, lediglich 30 Prozent sind Österreicher.

Die Vergehen reichen vom Erschleichen der Mindestsicherung trotz ausreichenden Vermögens über Missbrauch von Pensionsleistungen bis hin zum widerrechtlichen Abkassieren von Familienbeihilfen (siehe unten).

Verstorbene Mutter unter Katzenstreu im Keller
Sozialbetrug passiert nur in den seltensten Fällen zufällig. Vielmehr stecken Kaltschnäuzigkeit, eiskalte Berechnung und natürlich kriminelle Energie dahinter. Letzteres bescheinigte eine Richterin einem 67-Jährigen in Tirol: Der Akademiker lagerte über ein Jahr den Leichnam seiner verstorbenen Mutter im Keller ein, um die Pension und das Pflegegeld der 89-Jährigen (immerhin 4000 Euro im Monat) weiterhin kassieren zu können.

Der Fall flog erst durch einen Wechsel des Briefträgers auf - der neue Postler bestand nämlich darauf, das Geld der Frau persönlich zu übergeben. Zu diesem Zeitpunkt lag die Verstorbene bereits seit 15 Monaten versteckt unter Kühlakkus und Katzenstreu im Keller ...

Syrischer Drogendealer verschwieg Vermögen
Ebenfalls hinter Gittern sitzt derzeit ein 35-jähriger Syrer. Zwar wegen Suchtmittelhandel, ermittelt wird parallel dazu aber auch wegen Sozialbetrugs. Der Mann kassierte Geldleistungen, obwohl er in seiner Heimat über ein beachtliches Vermögen verfügt.

17 Ferienwohnungen und Villa in Kroatien
Und dann wäre da noch jene Bosnierin, die in Kroatien 17 Ferienwohnungen und eine Villa vermietet, in Österreich aber Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezog.

Schwerpunktaktion gegen Lohndumping in Tirol
Finanz- und Fremdenpolizei gehen in Tirol derzeit übrigens auch verstärkt gegen Schwarzarbeit bzw. Lohndumping vor. „Aufgrund des Arbeitskräftemangels greifen immer mehr Betriebe auf Arbeitskräfte zurück, die von ausländischen Unternehmen nach Österreich entsendet werden“, so Finanzminister Brunner. Wie die Kontrollen jedoch zeigen, erfüllen diese Unternehmen nicht die gesetzlichen Vorgaben - was wiederum für die heimischen Betriebe hohe Strafzahlungen bedeutet.

So wurden Anfang Juli bei einer Reinigungsfirma im Tiroler Unterland drei Bosnier angetroffen, die aus Kroatien „vermittelt“ wurden. Die Finanzpolizei stellte fest, dass das Trio weder eine Aufenthalts- oder Arbeitsgenehmigung hatte noch in irgendeiner Form sozialversichert war ...

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