Russische Geschichte

Gelangweilte Hausfrau fälscht 200 Wikipedia-Seiten

Web
15.07.2022 11:13

Es ist einer der wohl größten Schwindel in der Geschichte der Online-Enzyklopädie Wikipedia: Eine Hausfrau aus China hat seit drei Jahren erfundene Einträge über die russische Geschichte verfasst. Die Fake-Informationen waren so glaubwürdig aufbereitet, dass sie es auch in andere Sprachversionen des Online-Lexikons schafften.

Die Wikipedia-Autorin mit dem Pseudonym Zhemao gab sich als Tochter eines chinesischen Diplomaten in Russland aus, behauptete, an einer Moskauer Universität studiert und mit einem Russen verheiratet zu sein. Beste Voraussetzungen, um in der chinesischen Wikipedia über die russische Geschichte zu dozieren, möchte man meinen. Doch der Werdegang war ebenso erfunden wie die Enzyklopädie-Einträge, berichtet „Vice“.

Fälschungen waren äußerst ausgeklügelt
Bei ihren Fälschungen - seit 2019 hat die Chinesin mehr als 200 Artikel verfasst - ging Zhemao äußerst gefinkelt vor. Sie vermischte Fakten mit Fiktion, gab sogar Quellen an. Dass in den zitierten Quellen die angegebenen Seiten oft gar nicht existierten, fiel zunächst niemandem auf. Mit eigens erstellten Zweit-Accounts versuchte Zhemao sogar, ihren Beiträgen mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen: Einer der Accounts behauptete, die vermeintliche Russland-Expertin getroffen zu haben.

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Die Inhalte, die sie geschrieben hat, sind von hoher Qualität und die Einträge waren miteinander verbunden, sodass ein System entstand, das für sich allein existieren kann.

Wikipedia-Autor John Yip

Die Qualität der Fälschungen war so hoch, dass manche der Fake-Beiträge zur russischen Geschichte sogar in Wikipedia-Ausgaben in anderen Sprachen übernommen wurden. John Yip, der seit Jahren an der chinesischen Wikipedia mitwirkt: „Die Inhalte, die sie geschrieben hat, sind von hoher Qualität und die Einträge waren miteinander verbunden, sodass ein System entstand, das für sich allein existieren kann.“

Fake-Einträge in der Wikipedia gab es immer wieder. Der Fall aus China ist aber einer der bisher wohl größten Schwindel auf der Plattform.

Schriftsteller stieß auf falsche Quellenangaben
Aufgeflogen ist Zhemao, als ein chinesischer Schriftsteller bei Recherchen für ein Buch auf einen ihrer Artikel stieß. Die Erzählungen über eine angebliche Silbermine in Kaschin kamen ihm spanisch vor, er entdeckte die falschen Quellenangaben. Daraufhin sichtete eine Gruppe von Wikipedia-Autoren die zahlreichen Beiträge zur russischen Geschichte - und deckte nach und nach auf, dass es sich über weite Strecken um Fiktion handelte.

Beiträge stammten von gelangweilter Hausfrau
Die Ertappte zeigt sich reumütig. In einem Posting entschuldigt sich Zhemao bei der Community. Sie räumt ein, weder mit einem Russen verheiratet zu sein noch einen Doktortitel der Moskauer Lomonossow-Universität zu haben. Sie spreche auch überhaupt kein Russisch. Sie sei eine Hausfrau mit höherem Schulabschluss und habe die Artikel gefälscht, weil ihr langweilig war und sie keine sozialen Kontakte pflege, erklärte Zhemao ihre Motivation.

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