Nach der Debatte um „Mohr im Hemd“, „Negerbrot“ und „Zigeunerräder“ hat sich nun die nächste Speise den Unmut gewisser Gruppierungen eingetreten. Denn neben dem Vorwurf des kulinarischen Sakrilegs soll die Pizza Hawaii nun auch noch „mit der Geschichte des Kolonialismus und der kulturellen Aneignung verbunden“ sein, behauptet eine Schweizer Gruppe politischer Aktivisten. Dasselbe gilt natürlich auch für den kleinen Bruder der Pizza, den Toast Hawaii.
Die einen lieben sie, die anderen sehen in ihr einen Niedergang sämtlicher Esskultur - die Pizza Hawaii. Belegt mit (Koch-)Schinken und Ananas, hat sie weder mit der italienischen, noch mit der hawaiianischen Küche etwas gemein und ist liebster Zankapfel von Gourmets und Gourmands auf der ganzen Welt, ebenso wie die kleinere Variante Toast Hawaii.
Hausmannskost mit exotischem Touch
Letztgenannter wurde bereits in den 1950er-Jahren vom deutschen Fernsehkoch Clemens Wilmenrod populär gemacht, die Pizza mit dem exotischen Belag kreierte der Gastronom Sam Panopoulos 1962 in Kanada. Mit der Kombination von einfachen Hausmannskost- und Fast-Food-Gerichten plus der tropischen Ananas (die übrigens bereits in den 1880ern in Konservendosen ihren Siegeszug um die Welt antrat) wollte man Essen mit einem exotischen Touch kreieren und der einfachen Bevölkerung zugänglich machen.
Die Schweizer Gruppierung „Linke PoC/Migrantifa“ postete auf Facebook, bei Pizza oder Toast Hawaii handle es sich um problematische kulturelle Aneignung und eine Form des Rassismus: „Die Stereotypen zu Hawaii wurden durch einen ,weißen Blick‘ geschaffen, nämlich den des weißen, oft männlichen Touristen, der mit Hawaii Urlaubs- und Tropenstimmung in Verbindung brachte und besonders hawaiianische Frauen fetischisierte.“ Die Gruppe empfiehlt daher: „Bestellt ,Pizza mit Ananas‘ statt ,Pizza Hawaii‘. Gilt auch für den Toast.“
Das Magazin „GEO“ berichtete im vergangenen Sommer über einen weiteren Shitstorm in Sachen „kultureller Aneignung“. So hatte sich eine kalifornische Food-Bloggerin dahin gehend geäußert, dass im Westen alles Mögliche „Curry“ genannt werde, obwohl doch etwa in Indien die regionalen Spezialitäten alle 100 Kilometer wechselten und die Bezeichnung Curry wohl auf „Kolonialherren-Bequemlichkeit“ zurückgehe, selbst wenn die Gerichte gar nichts mit Curry zu tun hätten.
Schokokuchen und Zirkusräder
Auch hierzulande wurde über die Bezeichnung eines Schokokuchens mit Schokoladensauce und Schlagobers debattiert, ein Wiener Snackhersteller produzierte kurze Zeit später „Zirkusräder“ und eine Vorarlberger Brauerei änderte ihr Logo - zumindest ein bisschen. Ob man damit ein Bewusstsein gegen Rassismus und Diskriminierung schafft, bleibt weiterhin Kernpunkt einer oft hitzig geführten Diskussion. Übrigens trifft das neue Bewusstsein auch Markennamen. Aus „Uncle Ben‘s Reis“ wurde „Ben‘s Original“ - das Bild des schwarzen „Onkels“, der für den Reis warb, verschwand von den Verpackungen.
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