Schlimme Erlebnisse

Gesundheitspersonal in Not – viele weinen heimlich

Gesund Aktuell
08.05.2022 05:00

Krankenpfleger, Ärzte, aber auch Apotheker, Sozialarbeiter oder Therapeuten können zu Opfern werden, den sogenannten Second Victims. Nach traumatischen Erlebnissen oder der Überlastung durch die Pandemie entwickeln manche seelische Probleme. Hilfsangebote sind selten oder werden aus Scham nicht angenommen. Das soll sich nun ändern.

Krisen, Überforderung, Traumata - die Corona-Pandemie hat die Nöte des Gesundheitspersonals deutlich sichtbar gemacht. Das Problem des „Second Victim“ (dt.: zweites Opfer) existiert naturgemäß bereits länger. „Darunter versteht man Mitarbeiter im Gesundheitssystem, die aufgrund eines unvorhergesehenen schweren Zwischenfalls, eines medizinischen Fehlers und/oder Patientenschadens traumatisiert wurden“, erklärt die Wiener Anästhesistin und Intensivmedizinerin Dr. Eva Potura. „Das kann die Reanimation eines Kindes sein, aber auch das längere Herausreißen aus der Arbeitsroutine durch die Pandemie.“

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Viele leiden heimlich und wechseln schließlich Job oder scheiden ganz aus dem medizinischen Dienst aus.

Dr. Eva Potura, Anästhesistin und Intensivmedizinerin

Gefühle wie Stress, Selbstzweifel und Angst sind weit verbreitet und vermögen noch lange nach dem ursprünglichen Vorfall anzuhalten, begleitet von Schlafstörungen oder anderen körperlichen Problemen. „Bei einigen Personen trägt die Beteiligung an einem solchen Vorfall zur Entwicklung von psychischen Problemen bei, einschließlich Depressionen, Angstzuständen und posttraumatischen Belastungsstörungen. Viele leiden heimlich und wechseln schließlich Job oder scheiden ganz aus dem medizinischen Dienst aus“, erläutert Dr. Potura.

Etlichen Betroffenen, gerade im Krankenhaus, fällt es schwer, über das Erlebte zu reden. Etliche trauen sich nicht, Schwächen einzugestehen, zu sagen, dass sie eine Pause brauchen. Mitunter fehlen Angebote dazu bzw. solche, die nicht durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Manchmal gibt es Gesprächsvorschläge, aber mitunter sehr spät.

Aktionstag mit Vorträgen und Lösungsansätzen

Am Mittwoch, 11. Mai 2022, findet von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr erstmals der „Second Victim-Aktionstag“ statt, um auf die Probleme der Betroffenen aufmerksam zu machen und die Resilienz Behandelnder nachhaltig zu stärken. Ort: 1090 Wien, Van Swieten Saal der MedUni Wien, Van-Swieten-Gasse 1a, und online via Livestream.

Interessierte erwarten Vorträge und Filme, etwa zu den Themen: Stressmanagement medizinischer Akutsituationen, Kollegiale Hilfe und Stärkung von Körper, Geist und Seele. Es folgt eine Podiumsdiskussion mit Experten zum Thema. Der Eintritt ist frei, es ist jedoch eine Anmeldung notwendig. Bitte geben Sie an, ob Sie vor Ort oder online dabei sein möchten.

Um auf dieses Problem, das neben Ärzten und Pflegekräften auch Apotheker, Sozialarbeiter, Therapeuten, Techniker und Verwaltungspersonal betreffen kann, aufmerksam zu machen, wurde der Verein „Second Victim“ gegründet. „Grundsätzlich muss Bewusstsein für diese Nöte geschaffen werden, v. a. einmal in der Führungsetage. Es tut außerdem gut zu wissen, dass es eine Anlaufstelle gibt, an die man sich im Notfall wenden kann“, so Dr. Potura.

„Auch gibt es auf der Homepage zahlreiche Verhaltenstipps für Betroffene und ihr Umfeld.“ Für die Ärztin wäre etwa die Etablierung eines sogenannten „Peer-Systems“ hilfreich, wie bei Rettungskräften oft üblich. Hier gibt es ausgebildete kollegiale Ansprechpartner für „Second Victims“. Es fällt oft leichter, sich diesen anzuvertrauen und dann das Geschehene zu verarbeiten. Anonyme Hotline für Betroffene: Mittwoch 14-16 Uhr 0664/416 77 16.

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