Seit 4 Monaten im Amt

Bildungsminister: „Man macht es nie allen recht“

Politik
13.04.2022 06:00

Martin Polaschek (56) spricht über Rücktrittsaufforderungen, seine positive Sicht der Dinge und welche Fragen er gar nicht mehr hört.

„Krone“: Herr Bundesminister, Sie sind seit knapp vier Monaten im Amt - die Kritik an Ihnen kam ungewöhnlich schnell, es gab schon offene Briefe, Hilferufe aus den Schuldirektionen und Rücktrittsaufforderungen. Haben Sie den Job unterschätzt?
Martin Polaschek: Ich glaube, dass man in diesem Amt immer mit Menschen zu tun hat, die aus unterschiedlichen Gründen nicht zufrieden sind mit den Entscheidungen. Das gehört dazu. Der Bildungsbereich ist einer, der viele Menschen sehr berührt. Insofern denke ich, muss man damit leben.

Die Kritik kommt aus vielen verschiedenen Ecken. Lehrergewerkschafter fordern Sie ebenso zum Rücktritt auf wie etwa der Traiskirchner Bürgermeister oder der Wiener Schulsprecher Mati Randow, der erst am vergangenen Wochenende ein entsprechendes Video in den sozialen Medien gepostet hat. Gibt Ihnen diese Fülle an Kritik nicht zu denken?
Ich denke über die politische Kultur im Land nach, wenn Menschen gleich jemand zum Rücktritt auffordern, wenn ihnen eine Entscheidung nicht gefällt. Es würde mir ja auch nicht in den Sinn kommen, jemand dazu aufzufordern. Wenn man sich nur danach richtet, was Einzelne einem zurufen, wäre das Amt nicht führbar. Gerade beim Thema Covid macht man es nie allen recht.

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Natürlich bereiten wir uns auf den Herbst vor. Aber ich weiß ja noch nicht, was kommt.

Bildungsminister Martin Polaschek

Ihr Vorgänger Heinz Faßmann hat sich sehr oft zu Wort gemeldet und manchmal Entscheidungen über seine Kompetenzen hinaus getroffen. Ihnen wirft man vor, eher gar nichts zu machen. Man gewinnt den Eindruck, Sie wollen durchtauchen, um nur ja nicht in die Kritik zu geraten. Aber kann man eine Pandemie durchtauchen?
Wir tauchen die Pandemie nicht durch. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein sehr energiegeladener Mensch bin, der gern und viel arbeitet. Wir sind mit dem Pandemiemanagement beschäftigt, wir sind ruhig und mit Augenmaß durch die Phase der allgemeinen Verschärfungen gekommen.

Das sehen nicht alle so. Nach jener Zeit im März, in der die Corona-Zahlen regelrecht explodiert sind, war von einigen Regierungsmitgliedern, auch von Ihnen, zu hören: „Das war nicht vorhersehbar.“ Expertinnen und Experten hatten dies aber sehr wohl vorausgesehen.
Nein, haben sie nicht. Es gab intensive Gespräche, Experten haben gesagt, spätestens ab Anfang März wird die Welle brechen. Dann haben einzelne Experten gemeint, es wird doch nicht zurückgehen. Dieses Thema ist generell nicht leicht. Egal, welche Entscheidung man trifft, man findet schnell jemand, der sagt, dass dies nicht richtig ist.

Viele Expertinnen und Experten weisen die Aussage „Es war nicht vorhersehbar“ jedenfalls zurück. Für viel Wirbel sorgte auch die Entscheidung, die Maskenpflicht ausgerechnet nach den Semesterferien - da passierten viele Infektionen - zu lockern.
Die Maskenregelung wurde ja nicht unmittelbar nach den Schulferien geändert, sondern der Stichtag war nach dem letzten der drei Ferientermine. Wir haben auch gesagt, dass sich die Schülerinnen und Schüler testen sollen, bevor sie in die Schule zurückkommen. Und wenn man sich die Zahlen anschaut: Die Ansteckungen in der Schule waren in etwa gleich wie in der gesamten Bevölkerung.

Jetzt wird wieder vor dem Herbst gewarnt und auf Vorbereitungen gedrängt. Irgendwie scheint es oft so, als wäre die Politik nach zwei Jahren Pandemie immer noch vom Virus überrascht. Wie laufen die Vorbereitungen?
Natürlich bereiten wir uns auf den Herbst vor, wir müssen uns darauf einstellen, dass es wieder zu einer erhöhten Zahl an Ansteckungen kommen kann. Wir sind in intensiven Gesprächen mit dem Gesundheitsminister, es wird darum gehen, eine Gesamtstrategie zu entwerfen. Im Bildungsministerium denken wir über verschiedene Szenarien nach.

Können Sie die Pläne konkretisieren?
Ich kann Ihnen viel darüber erzählen, worüber wir nachdenken. Aber ich weiß ja noch nicht, was kommt. Wir spielen unterschiedliche Szenarien durch, je nachdem wie viele Ansteckungen passieren, mit welcher Variante wir es zu tun haben und so weiter.

Sie haben vor Kurzem eine 500-Euro-Belohnung für Direktorinnen und Direktoren angekündigt - als Dank für deren intensiven Einsatz in der Corona-Pandemie. Den haben aber doch auch Lehrerinnen und Lehrer geleistet, wieso bekommen diese nichts?
Auch dem gingen viele Gespräche voraus, wir haben überlegt, was wir machen können, um ein Zeichen zu setzen. Es hatten alle viel zu leisten, auch das Lehrpersonal war sehr belastet. Aber die Direktorinnen und Direktoren haben die ganze Koordination übergehabt, bei ihnen ist viel zusammengelaufen.

Aber dass Sie damit die Lehrerinnen und Lehrer verärgern, sehen Sie nicht so?
Die Direktorinnen und Direktoren leisten sehr viel und haben sehr viel Verantwortung. Wir sind daher dieser Forderung der Standesvertretung nachgekommen.

Das zweite große Thema neben Corona in den Schulen sind die Flüchtlingskinder aus der Ukraine, die in die Klassen integriert und betreut werden müssen. Was genau geschieht in diesem Bereich?
Knapp 6000 ukrainische Kinder gehen derzeit in österreichische Schulen. Wir haben sehr früh begonnen, uns darauf vorzubereiten. Wir haben rasch entsprechende Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt. Dort, wo größere Gruppen an ukrainischen Kindern kommen, richten wir eigene Deutschförderklassen ein, parallel bieten wir Deutschkurse an. Es gibt Informationsmaterialien für Eltern auf Englisch und Ukrainisch. Wir haben ein eigenes Buddy-System entwickelt, das gerade fertig wird - dabei helfen und betreuen ukrainische Studenten, die hier leben, ukrainische Kinder.

Es dauert nicht mehr lang, dann steht die Matura an. Anders als in den beiden vorigen Schuljahren ist die mündliche Prüfung wieder verpflichtend. Das wird von den Jugendlichen heftig kritisiert, sie verweisen darauf, dass sie auch ein Corona-Jahr hinter sich haben, und pochen auf Erleichterungen. Bleiben Sie bei Ihrem Entschluss, ist das letzte Wort schon gesprochen?
Ja. Es bleibt dabei. Es gibt auch heuer wieder eine Vielzahl an Erleichterungen. Ich halte aber die mündliche Matura für alle für eine gute und richtige Maßnahme.

Zum Abschluss: Sind Sie mittlerweile eigentlich enttäuscht, wenn Sie in einem Interview nicht auf Ihre Frisur angesprochen werden?
Die Frage höre ich schon gar nicht mehr.

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