08.04.2022 07:00 |

Osterfestspiele

Der Gralsritter verabschiedet sich von Salzburg

Wenn am kommenden Samstagabend Lohengrin am Ende des dritten Aufzugs „unendlich traurig“ scheidet, wird das Finale der Osterfestspiel-Oper zum Sinnbild für das Ende der Ära Thielemann. Wie Lohengrin als Elsas Erlöser, so kam Christian Thielemann 2013 nach Salzburg. Was ist nach zehn Jahren davon geblieben?
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Als „jungen Karajan“ pries man ihn bei seiner Ankunft an. Mit brillanten Wagner- und Strauß-Interpretationen wurde der neue Künstlerische Leiter bald zum Darling der Osterfestspielgemeinde. Ab 2015 stand ihm der von ihm als „außergewöhnlicher Künstler und kluger Ratgeber“ geschätzte Peter Ruzicka als Intendant zur Seite. Gemeinsam feierten sie Erfolge, bis Ruzicka bekannt gab, dass er seinen Vertrag im Jahr 2020 auslaufen lassen wolle.

Der Ärger war vorprogrammiert. 2018 gaben die Gesellschafter bekannt, dass Nikolaus Bachler 2020 zum kaufmännischen Leiter und ab 2022 zum Intendanten der Osterfestspiele gemacht würde. Insider hörten da schon den ersten Rundengong im Hintergrund. „Mit Herrn Bachler wird das nichts“, soll Thielemann sich gegenüber dem Aufsichtsrat geäußert haben. In einem Brief an die Generalversammlung und den Aufsichtsrat äußerte er sich „über den künstlerischen Fortgang der Osterfestspiele Salzburg in hohem Maße besorgt“. Die Adressaten beschlossen daraufhin, die Verträge mit dem Unruhestifter nicht zu verlängern.

Böse Zungen würden behaupten, es ließe sich hier eine gewisse Tradition im Umgang Salzburgs mit seinen musikalischen Genies erkennen. Schon genius loci Mozart erhielt 1781 von seinem damaligen Vorgesetzten Graf Arco zum Abschied einen Tritt in den Allerwertesten, nachdem das Wunderkind Wolferl den Salzburger Hof mit Beschwerden terrorisiert hatte, man schätze seine Kunst nicht.

Ob es letztlich ein Osterwunder oder einfach nur die Strapazen der Pandemie waren – die Opernproduktionen 2020 und 2021 mussten abgesagt werden: Bei der Präsentation ihres letzten gemeinsamen Programms im vergangenen Jahr gaben sich die beiden Streithähne plötzlich ganz versöhnlich. Man habe durch die Arbeit am „Lohengrin“ zueinander gefunden. Happy End oder Ende mit Schrecken? Eher Letzteres, da Bachler von Anfang an gegen das Werk war und Thielemann darauf bestand. „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“, zitierte der Dirigent gerne Konrad Adenauer. Mit „dem Alten“ teilt er ein Schicksal, denn auch der erste Deutsche Bundeskanzler versuchte seinerzeit seinen ungeliebten Nachfolger auszustechen – erfolglos.

Doch all die Höhen und Tiefen werden nicht verhindern können, dass die Ära Thielemann als ein Goldenes Zeitalter in die Geschichte der Salzburger Osterfestspiele eingeht. Dafür hat der Dirigent in den vergangenen zehn Jahren ausreichend gesorgt.

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