Seltene Erkrankung

ALS – Nervenkrankheit, die alle Muskeln lähmt

Gesund Aktuell
20.02.2022 05:00

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine seltene, aber schwerwiegende Erkrankung des motorischen Nervensystems, das unsere Muskeln kontrolliert. In Österreich sind rund 400 Menschen von diesem heimtückischen Leiden betroffen.  

Hierbei gehen Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark, die für die Steuerung der Muskeln zuständig sind, zugrunde. Wodurch dies ausgelöst wird, ist nicht geklärt. „5%-10% sind genetisch bedingt“, erklärt Ao Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Löscher, Med-Uni-Innsbruck. Für den Rest wird das Zusammenwirken mehrer Faktoren (Veranlagung, Umweltfaktoren, Infektionen usw.) diskutiert. Die mittlere Lebenserwartung beträgt drei bis fünf Jahre. Es gibt aber Menschen, wie den Astrophysiker Stephen Hawking (2018), die der Krankheit sogar Jahrzehnte die Stirn bieten. Darauf hofft auch Roman R. aus Salzburg. Der glücklich verheiratete, stolze Vater von drei Töchtern weiß seit zwei Jahren, dass er an ALS erkrankt ist.

„Die ersten Symptome wie Kälteempfindlichkeit der Finger oder nachlassende Kraft haben sich Anfang 2019 bemerkbar gemacht. Dann traten Schwierigkeiten beim Schlucken und Sprechen auf“, erzählt der 43-Jährige. Bis zur Diagnose dauerte es jedoch knapp ein Jahr. Die Abklärung erfolgt anhand der Symptome, durch Ausschluss anderer Ursachen. 

Nur selten sind genetische Tests möglich, wie Prof. Löscher erläutert: „Nun wurde ein Biomarker gefunden. Ist der spezifische Wert, das Neurofilament, im Rückenmark oder Blut erhöht, weist dies auf einen Zelluntergang hin. Bei Symptomen wie Muskelschwund lässt sich damit die Diagnose ALS absichern.“

(Bild: Krone KREATIV, stock.adobe.com)

Die Diagnose war erst einmal ein Schock
Diese war für Herrn R. ein Schock: „Ich fühlte mich topfit, bis auf die ,Kleinigkeiten‘ beim Reden und Schlucken. Und auf einmal sagen die Ärzte, dass man im guten Fall nur drei bis fünf Jahre zu leben hat, wobei man die letzten zwei Jahre zu einem kompletten Pflegefall wird. Seither vergeht kein einziger Tag, an dem ich nicht an diese Krankheit und ihre Folgen denken muss“, berichtet der ehemalige Steinmetz. Heilung gibt es keine. 

In Österreich ist nur ein Medikament zugelassen, das den Verlauf lediglich um zwei bis drei Monate verzögern kann. Für vererbbare ALS-Formen zeigen sich Erfolge in der Forschung, wie Prof. Löscher erklärt: „Bei einer davon könnte eine Therapie, welche die Ablesung des genetischen Codes verändert, zu Verbesserungen führen. Für zwei weitere genetische Formen laufen Studien.“ Bei allen anderen bleibt nur, mit Maßnahmen wie Physio-, Ergo-, Psychotherapie, Logopädie die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

„Es ist in Österreich schwierig, Informationen sowie Ärzte und Therapeuten, die Erfahrung mit ALS haben, zu finden. Bewilligung und Finanzierung dauern meist Monate, oftmals kommen daher Erleichterungen fürs tägliche Leben viel zu spät“, so Roman R. Monatelange Suche nach geeigneten Therapien führten ihn schließlich zur Christian-Doppler-Klinik Salzburg, wo er an der ambulanten neurologischen Reha teilnahm. Dies kann Herr R. anderen Betroffenen empfehlen. Hier finden sie verschiedene Behandlungsmöglichkeiten an einem Ort und Therapeuten mit Erfahrung. Auch der Austausch mit anderen Patienten ist hilfreich. Das schreckliche an ALS: Hat man sich mit einer Einschränkung abgefunden und an nötige Hilfsmittel gewöhnt, greift die Krankheit an anderen Stellen im Körper erneut an. Man weiß nicht, welche Funktion als Nächstes betroffen sein wird und wie lange es dauert, bis diese verloren geht.

(Bild: Kateryna_Kon/stock.adobe.com)

So lange wie möglich eigenständig leben
Drei Jahre nach Auftreten der ersten Symptome leidet Roman R. unter Muskelschwund und -schwäche, Krämpfen sowie unwillkürlichen Zuckungen. Nacken, Oberkörper, Arme, Finger und die Zunge sind besonders betroffen. Dies erschwert zunehmend das Halten von Besteck oder Gläsern sowie Sprechen, Kauen und Schlucken. Auch Probleme beim Abhusten und Kurzatmigkeit treten auf. Wie die Zukunft aussieht, kann keiner sagen. „Aber ich bin sehr froh“, so der 43-Jährige, „dass ich noch so weit ein eigenständiges Leben mit meiner Familie führen kann.“

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