27.12.2021 11:55 |

Ach, übrigens...

Das kasachische Dilemma

„Krone Vorarlberg“-Kolumnist hat sich gedanklich ins bitterkalte Kasachstan aufgemacht. Dort hätte man dreimal schon gerne den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele bekommen. Geklappt hat es noch nie. 1994 unterlag man Lillehammer (Nor), 2014 Sotschi (Rus) und 2022 Peking (Chn). Warum eigentlich? 

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Ob es im kasachischen Sprachschatz eine Entsprechung zur hierzulande beliebten Redensart „Aller guten Dinge sind drei“ gibt, entzieht sich wegen mangelnder Beherrschung der Turksprachen, insbesondere der kiptschakischen Untergruppe, leider meiner Kenntnis. Sollte dem aber so sein, wird man in Almaty (früher Alma-Ata, noch früher Werny) eher wenig davon halten. Denn insgesamt dreimal hat sich die ehemalige Hauptstadt der (ebenfalls ehemaligen) Kasachischen SSR um die Austragung der Olympischen Winterspiele beworben, nämlich für 1994, 2014 und 2022, ohne jemals mit der hell lodernden Fackel belohnt zu werden. Daran konnten auch große Töchter und Söhne der Stadt wie Madina Abylqassymowa, Qassym-Schomart Toqajew oder Maria Pankratz nichts ändern. Woran es gelegen haben mag, dass man zuletzt gegen das unweit der Wüste Gobi gelegene Wintersport-Eldorado Peking unterlegen ist, wird derzeit erforscht, ist aber eigentlich simpel zu erklären:

Offenbar hat man in Kasachstan den dummen Fehler gemacht, in der von der NGO „Reporters sans frontières“ (RSF) erstellten Rangliste der Pressefreiheit ein besonders gutes Bild abgeben zu wollen, ist tatsächlich um einen ganzen Platz vorgerückt (extremer Kuschelkurs gegen kritische Medien vermutlich) und liegt nun, eingequetscht zwischen Usbekistan und Singapur, auf dem 157. Platz, während die Volksrepublik China, im festen Vertrauen darauf, dass dem IOC so ziemlich alles wichtiger ist als Pressefreiheit und Menschenrechte, den eindrucksvollen 177. Rang belegt. Lediglich Eritrea, Turkmenistan und Nordkorea rangieren noch dahinter, da dürften sich also bereits erste Favoriten für die Vergabe kommender Festivals für die Jugend der Welt herauskristallisieren.

Wieso nun ausgerechnet IOC-Bach dazu kommt, vor ein paar Tagen seltsames Zeug von „Garantie der Meinungsfreiheit“ in Peking zu faseln und dass die Athleten selbstredend frei seien, „sich auf Social Media (…) in Interviews und Gesprächen zu äußern“ (die Athletinnen auch?), bleibt im olympischen Nebel von Lausanne verborgen, aber offenbar hat der Herr Präsident bessere Informationen als RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. Der hat nämlich gerade seine Kolleg*innen von der schreibenden und sendenden Zunft aufgefordert: „Weisen Sie jede Aufforderung zu Zensur und Überwachung zurück!“ Ob es daran liegt, dass er um die derzeit über 120 in Haft sitzenden Medienschaffenden in China weiß? Nein, unwahrscheinlich, weil das wüsste der Bach dann ja auch. Oder müsste es wissen. Wird er wissen, odr?

Harald Petermichl
Harald Petermichl
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