Einen schönen Mittwochabend.
Ich gebe ja zu, wir Journalisten sind schon ein lustiges Völkchen. Die Palette reicht von verhaltensoriginell (hier können Sie so gut wie jeden Namen einsetzen, auch meinen) bis Serienmörder (Jack Unterweger), was zum Glück nur eine Seltenheit ist, denn die meisten Journalisten haben lediglich die deutsche Sprache auf dem Gewissen. Irgendjemand, ich habe es mir leider nicht gemerkt, hat einmal gesagt: „Journalisten sind Schriftsteller, die keinen Roman zusammenkriegen.“ Nun ja, was soll man dazu sagen? Wir haben alle unser Päckchen zu tragen.
Auch Florian Klenk, Chefredakteur der kleinen Wochenzeitung „Falter“ ist in jüngster Vergangenheit aufgefallen. Einigen als Journalist des Jahres, weil er ein Buch über das Kühemelken geschrieben hat, anderen wegen dieser Geschichte mit der Maskenpanik. So saß der bald 50-Jährige im Nachtzug „Wien-Venezia“ und beklagte sich über die FFP2-Disziplin der Mitreisenden. „Im Sitzwagen trägt praktisch keiner Maske“, schrieb er auf Twitter, was er aus pandemischer Sicht für unpraktisch hielt - wie andere das Reisen selbst. Dann weiter: „Ich reise jetzt hier.“ Dazu postete er ein Foto der Zugtoilette. Ob er davor campierte oder sich darin einsperrte, sich also freiwillig in Lokus-Quarantäne begab, ist nicht überliefert, aber vielleicht Schwerpunkt einer achtseitigen Abort-Reportage, für die Klenk zu Recht zum Journalisten des Jahrzehnts gekürt wird, weil sie aus dem Innersten kommt. Klenk begibt sich gerne in die Tiefe, und es ist ihm jedes Hintertürchen recht.
Dass der Darm das zweite Gehirn ist und oft auch das erste ersetzt, wenn dies gedanklich noch in der Eisenbahntoilette festhängt, wurde im aktuellen „Falter“-Heftchen bewiesen, das eine Fotomontage beinhaltet, die sexistisch, beleidigend und grauslich ist. Darauf zu sehen: die Freundin des ehemaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz, die ihre linke Brust quetscht, ein aufgequollenes Baby und Kurz selbst mit Rauschebart. Der Dreck basiert auf dem Gemälde „The Holy Family with Shepherds“ von Jacob Jordaens aus dem Jahr 1616. Das Verbrechen der Frau Thier: Sie ist mit einem Mann liiert, den die „Falter“-Redakteure nicht ausstehen können. Die Mutter eines Sohnes, der gerade einmal ein Monat alt ist, als Opfer frauenfeindlichen Mülls.
Dabei ist der Investigativjournalist (Klenk über Klenk) sonst so darauf erpicht, dass das Privatleben privat bleibt, zumindest sein eigenes. Am 2. November twitterte er: „Wir erleben einen miesen Angriff von ÖVP-nahen Medien auf die Redaktion des ,Falter‘ und das Privatleben unserer MitarbeiterInnen.“ Und am 31. Oktober: „Das Privatleben von Medienleuten und von Korruptionsermittlern muss tabu bleiben.“ Eines ist klar: Es ist eine Entschuldigung an Frau Thier fällig.
Aber die Reportage aus dem Bahn-Häusl wird ein Erfolg. „Fahrdauer und Popo“. Ich würde sie lesen.
Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.
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