Lobbying-Affäre

“AUA-freundlicher” Gesetzesentwurf von Jarolim?

Österreich
09.04.2011 13:16
Der SPÖ-Abgeordnete Hannes Jarolim steht wegen angeblichen Lobbyings für Kunden seiner Anwaltskanzlei weiter unter Beschuss. Nachdem ihm vorgeworfen wurde, er habe die Monopolstellung der Staatsdruckerei attackiert und gleichzeitig einem deutschen Konkurrenten per E-Mail seine anwaltlichen Dienste angeboten, wird ihm jetzt angelastet, einen AUA-freundlichen Gesetzesentwurf zum Thema Flughafenentgelt an den Zivilluftfahrtbeirat geschickt zu haben.

Das Gremium gehört zum Verkehrsministerium von Doris Bures (SPÖ) und berät dieses in Sachen Zivilluftfahrt. Jarolim ist als Vertreter des SPÖ-Parlamentsklubs Mitglied des Beirats. Was die Sache zusätzlich brisant macht: Jarolim ist im Zivilberuf seit 1989 Firmenanwalt der AUA. Jarolim weist den Vorwurf zurück, "dass der Gesetzesentwurf im Sinne der AUA war".

Die ÖVP, selbst durch die Personalrochaden krisengebeutelt, schießt sich dennoch weiter auf ihn ein. Rechnungshofsprecher Hermann Gahr warf dem SPÖ-Justizsprecher jetzt vor, "sein politisches Mandat zur Durchsetzung von Interessen seines Arbeitgebers im Zivilberuf missbraucht" zu haben.

Jarolim: "Ausgewiesener Luftfahrtrechtsexperte"
Jarolim selbst hat am Samstag in einer ausführlichen Aussendung die gegen ihn erhobenen Vorwürfe neuerlich zurückgewiesen. In Fall der Staatsdruckerei sei es ihm um die Beseitigung eines aus seiner Sicht "zu Unrecht bestehenden Monopols" gegangen. Zu den jüngsten Vorwürfen zu seiner Tätigkeit im Zivilluftfahrtsbeirat betonte Jarolim, dass er einen Entwurf des Verkehrsministeriums an die Mitglieder des Zivilluftfahrtbeirates mit der Bitte um Behandlung dieser "mir ausgewogenen und im Interesse der Transparenz als auch der Flughäfen und deren Benützer scheinenden" Vorlage ersucht habe.

"Was an diesem Vorgang skandalös sein soll, entzieht sich meinem Verständnis", so der Abgeordnete. Dass er "als ausgewiesener Luftfahrtrechtsexperte" neben Vertretern aller Flughäfen und der Fluggesellschaften diesem Gremium als Ersatzmitglied angehört, habe er nie als Problem erachtet, "zumal dort auch von anderen Parteien entsendete Vertreter sitzen, meine Position allen bekannt ist und dem Gremium auch nur beratende Stellung zukommt". Außerdem gehöre er aus "Vorsichtgründen zwecks Vermeidung von Unvereinbarkeiten" dem Verkehrsausschuss des Nationalrates nicht an und nehme daher an Beratungen über Themen der Zivilluftfahrt nicht teil, so Jarolim.

Der SPÖ-Abgeordnete wies auch den Vorwurf zurück, er hätte sich dafür eingesetzt, dass die Flugticketabgabe anders als geplant berechnet wird, wovon die AUA, die zu seinen Kunden als Anwalt gehört, profitiert hätte. Er habe vor der Einführung der Flugticketabgabe lediglich darauf hingewiesen, dass im Zuge der teilweisen Übernahme deutscher Vorlagen für die Bemessung der Steuer im Gesetz irrtümlich die Distanz der Flugstrecken nicht aus Wien sondern aus Frankfurt (wie im deutschen Gesetz) vorgesehen gewesen sei. Und das sei "wohl zweifelfrei zu korrigieren" gewesen.

Korrputionsstaatsanwalt kritisiert Politik
Walter Geyer, Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien, kritisiert indes neuerlich das mangelnde Interesse der Politik an der Bekämpfung der Korruption. Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien nicht ausreichend, und seine Behörde habe zu wenig Personal, um effektiv arbeiten zu können.

So sei 2010 der Aktenanfall um mehr als 30 Prozent gestiegen, der Personalstand völlig gleichgeblieben, obwohl das Parlament im Sommer zwei zusätzliche Posten ausdrücklich für die Korruptionsstaatsanwaltschaft geschaffen habe. Sie seien aber von der Justizverwaltung einfach nicht "ausgeschrieben" worden. "Das Interesse an effizienter Korruptionsbekämpfung misst sich auch an der Zahl der dafür zur Verfügung gestellten Staatsanwälte und Staatsanwältinnen", so Geyer.

"Strafrecht zu wenig geregelt"
Auch der Bereich abseits des Strafrechts müsse nach Ansicht des Staatsanwaltes besser geregelt werden. Im Bereich des Lobbyismus seien mehr Transparenz und wirksamere Sanktionen bei Verstößen notwendig. Dass die Antikorruptionsregeln in Österreich wieder gelockert worden seien, sei ein Erfolg der Lobbyisten, die sich durchgesetzt hätten. In Österreich gebe es ein "mangelndes Problembewusstsein".

Der Versuch, durch eine "Anfütterungsbestimmung" nach Schweizer Vorbild dem entgegenzuwirken, "hat gerade 21 Monate gehalten. Da haben sich wieder die Lobbyisten durchgesetzt und sie wurde abgeschafft. Vermutlich ist es naiv, eine Lösung von denjenigen zu erwarten, die Teil des Problems sind", so Geyer in Richtung Politik.

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