„Schadet dem Ansehen“

Jetzt auch scharfe Töne Koglers in Richtung ÖVP

Politik
25.08.2021 12:19

Das Klima zwischen den Regierungsparteien ÖVP und Grünen wegen unterschiedlichen Standpunkten in Sachen Flüchtlingsaufnahme aus Afghanistan wird immer frostiger. Nun stellt sich auch Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler offen gegen den Koalitionspartner. Österreich sei international immer ein verlässlicher Partner gewesen, wenn es um Menschenrechte und humanitäre Hilfe geht, sagte er am Mittwoch. Jetzt „aus offenbar taktischen Gründen“ einen anderen Weg einzuschlagen, „lässt die notwendige Menschlichkeit vermissen und schadet massiv dem internationalen Ansehen Österreichs in Europa“, so Kogler in Richtung ÖVP. Der türkise Klubobmann August Wöginger hatte bereits zuvor relativ gelassen auf grüne Kritik aus Vorarlberg reagiert.

Der Vizekanzler sprach insbesondere eine Mahnung an Innenminister Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg aus. „Es ist wichtig, dass der Innen- und der Außenminister auf dem festen Boden der Verfassung und Menschenrechtskonvention wieder aktiv an einer Lösung arbeiten, die dieser Rolle Österreichs in Europa gerecht wird und Österreich nicht noch weiter in der europäischen Gemeinschaft isoliert.“ Jetzt müsse alles auf europäischer Ebene Mögliche getan werden, anstatt „fortwährend über rechtlich Unmögliches“ zu diskutieren.

Mückstein: „Rechtlich kann es keine Abschiebungen geben“
Ähnlich auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Rande einer Pressekonferenz am Mittwoch: Derzeit könne es rein rechtlich keine Abschiebungen nach Afghanistan geben - „das hat sich in der Zwischenzeit herumgesprochen“. Daher müsse das europarechtlich Mögliche getan werden, anstatt darüber zu diskutieren, was man in Österreich nicht tun könne, nämlich abschieben.

Grüner Landesrat über ÖVP-Haltung: „Schande“
Zuvor hatte Vorarlbergs Grünen-Landesrat Johannes Rauch die Weigerung der ÖVP, Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen, als „Schande“ bezeichnet. Auch wenn es seitens der ÖVP üblich sei, vor Parteitagen oder vor Landtagswahlen wie jetzt in Oberösterreich, „Geräusche zu machen“, so sei das im Hinblick auf Afghanistan „jenseitig“ und „zurückzuweisen“, so Rauch. 

Auch die Zurufe von Nehammer an die Europäische Kommission seien „mehr als entbehrlich". Zur Erinnerung: Nehammer hatte der EU-Kommission vorgeworfen, „permanent die falschen Botschaften“ zu senden.

ÖVP-General reagiert gelassen auf Kritik
Kritik wies ÖVP-Klubobmann August Wöginger zurück: Rauch solle „seine Energie in Sacharbeit investieren und nicht in Streit“, richtete Wöginger dem Grünen Landesrat im Ö1-„Mittagsjournal“ aus. Er halte auch wenig davon, „den politischen Mitbewerber herabzuwürdigen und ihm moralische Werte abzusprechen“, sagte der ÖVP-Klubobmann. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die türkis-grüne Koalition so wie bisher bei unterschiedlichen Positionen auch hier zu Lösungen kommen werde. Die Frage des koalitionsfreien Raums steht für ihn dabei nicht zur Diskussion.

Wiener Grüne unterstützten SPÖ-Demo gegen Nehammer
Doch nicht nur Grüne aus dem Westen hatten gegen die türkise Regierungslinie zu Afghanistan opponiert, auch Vertreter der Wiener Partei äußerten sich öffentlich vor allem gegenüber dem Innenminister (siehe Tweets unten). Bei einer Demonstration u.a. der SPÖ-Frauen Dienstagabend war Gemeinderätin Berivan Aslan als Rednerin eingeladen, auch das Logo der Wiener Grünen war auf Transparenten zu sehen. Das Motto der Demo lautete „Nehammer absetzen“.

ÖVP warnt vor Flüchtlingswelle wie 2015
Kritik an der Kundgebung kam tags darauf wiederum von Wöginger. „Es ist unverantwortlich, von Vertretern der SPÖ die Demonstrationen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan zu unterstützen“, schrieb er in einer Aussendung. Er warnte davor, dass eine weitere „Flüchtlingswelle“ wie jene im Jahr 2015 Österreich „überrollen“ könnte. 

Auch Bundespräsident für Aufnahme von Flüchtlingen
Auch der Bundespräsident meldete sich inzwischen zu Wort: Alexander Van der Bellen sieht eine rechtliche, politische und moralische Verpflichtung, jetzt afghanische Flüchtlinge aufzunehmen, man könne etwa 500 Familien einfliegen.

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