„Kein Fudan!“

Demos gegen Bau von chinesischer Uni in Budapest

Ausland
06.06.2021 12:32

Tausende Menschen haben am Samstag vor dem ungarischen Parlament gegen den Bau eines Campus der Shanghaier Elite-Universität Fudan in Budapest protestiert. Mit Fahnen, Transparenten und den Rufen „Orban, hau ab“ zogen sie durch die Hauptstadt zum Kossuth-Platz. Der Aktion hatten sich Vertreter aller Oppositionsparteien angeschlossen.

Budapests Bürgermeister Gergely Karacsony, der bei den Parlamentswahlen 2022 als gemeinsamer Kandidat der Opposition gegen den rechtsnationalen Premier Viktor Orban antreten will, betonte: Man demonstriere nicht gegen die Menschen in China, nicht gegen China, „obwohl uns Welten trennen hinsichtlich Menschenrechte und Demokratie“, nicht gegen die in Ungarn lebenden Chinesen. „Was wir wollen, ist die Studentenstadt, was wir nicht wollen, ist die mit Steuergeldern gebaute chinesische Universität.“

Auf dem Gelände am Donauufer, wo jetzt der Fudan-Campus geplant ist, sollte ursprünglich eine „Studentenstadt“ mit kostengünstigen Studentenheimen entstehen. Diese soll nach den aktuellen Plänen deutlich verkleinert realisiert werden. Mit den 500 Milliarden Forint (rund 1,4 Milliarden Euro), die der Bau der Fudan-Uni kosten würde, könnte in Ungarn die Kinderarmut beseitigt werden, so Karacsony. Er kritisierte Orban direkt: Es gebe nichts Zerstörenderes und Abstoßenderes als Macht, die nicht den Interessen der Gesellschaft, sondern nur Privatinteressen diene. Nicht der Ministerpräsident habe ein Land, sondern das Land habe einen Ministerpräsidenten.

„Mit Fudan beginnen wir die Rückeroberung Ungarns“, deklarierte Karacsony und verwies auf die Parlamentswahlen 2022.

Privatunternehmen aus Steuergeldern
Laut Krisztina Baranyi, Bürgermeisterin des IX. Budapester Stadtbezirkes, wäre das Fudan-Projekt ein aus Steuergeldern verwirklichtes Privatunternehmen, aus dem „noch mehr gestohlen werde könnte als üblich“. Wenn die Macht die Stärke sehe, würde sie aber zurückweichen, betonte Baranyi vor den Demonstranten. Der Vertreter der Studenten-Gewerkschaft, Aron Bereczki, betonte seinerseits, die Studenten würden mit allen Mitteln kämpfen, „da die Studentenstadt uns gehört“.

Es handelte sich um die erste öffentlichte Demonstration in Ungarn seit sieben Monaten. Die diesbezüglichen Corona-Einschränkungen waren erst kürzlich gelockert worden. Laut Pandemiebeschränkungen dürfen derzeit nur maximal 500 Personen an einer Open-Air-Veranstaltung teilnehmen. Nur im Falle des Vorzeigens des nationalen Immunisierungsausweises darf die Anzahl erhöht werden. Da auf Facebook aber rund 20.000 Menschen ihre Teilnahme angekündigt hätten, wurden von den Organisatoren mehrere, nah beieinander gelegene Schauplätze angemeldet.

„Politische Panikmache“
Die Regierung bezeichnete die Demonstration als politische Panikmache. Die Aktion habe keinen Sinn, da sich das Projekt Fudan-Universität noch in der Planungsphase befinde. Erst nach den Parlamentswahlen 2022 solle eine Entscheidung fallen, erklärte Tamas Schanda, Staatssekretär im Ministerium für Innovation und Technologie, laut der ungarischen Nachrichtenagentur MTI.

Budapester Bürgermeister zum „Feind Chinas“ erklärt
Im Vorfeld der Protestaktion wurden von der Leitung des IX. Stadtbezirks die Straßen um das geplante Baugebiet umbenannt, etwa in „Freies-Hongkong-Straße“, „Dalai-Lama-Straße“ und „Straße der uigurischen Märtyrer“. Die ungarische Regierung protestierte dagegen scharf, die chinesische Regierung bezeichnete den Budapester Bürgermeister Karacsony wegen der Umbenennung der Straßennamen als „Feind Chinas“.

Beziehungen vertieft
Orban bemüht sich seit Jahren um enge Beziehungen zu China und hat Großinvestitionen wie die Modernisierung der Bahnverbindung Budapest-Belgrad vereinbart. Im Zusammenhang mit der Pandemie kaufte Ungarn Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräte von Peking. Außerdem war Ungarn das erste EU-Land, das mit dem Vakzin von Sinopharm einen chinesischen Impfstoff einsetzte. Das Land blockierte in den vergangenen Monaten außerdem mehrere, seitens der EU gegen China geplante Erklärungen, etwa hinsichtlich der Verletzung der Freiheitsrechte in Hongkong.

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