krone.at-Kolumne

Wie gesund muss man als Politiker sein?

Kolumnen
07.04.2021 11:55

Gesundheitsminister Rudolf Anschober ist krank. Das ist eigentlich keine größere Meldung wert. Der Umstand, dass er in einer Pandemie zum wiederholten Mal krankheitsbedingt ausfällt, lässt aber vor allem in den sozialen Netzwerken die Diskussion entfachen: Muss man als Spitzenpolitiker besonders gesund sein, um geeignet zu sein?

Das Ministerbüro vermeldet, es sei „nichts Gröberes“, weswegen Anschober derzeit das Bett hüten muss und nicht am wichtigen Corona-Gipfel teilnehmen konnte. Dass er kein Corona hat, ist schon einmal eine gute Nachricht. Denn auch wenn politische Positionen auseinanderliegen dürfen: Eine schwere Krankheit wünscht man vor allem in Zeiten wie diesen wirklich keinem.

Man muss darüber diskutieren dürfen, ob Politiker gesund sein müssen
Dennoch lässt die Krankmeldung besorgt aufhorchen, war doch der Gesundheitsminister erst zuletzt Anfang März aus gesundheitlichen Gründen terminlich verhindert. Das ist zwar kein Frevel, aber die Frage, ob es für den Beruf des Spitzenpolitikers eine körperliche Grundeignung geben muss, darf auch bei aller Sensibilität für den Schutz der Privatsphäre diskutiert werden. Es muss nur ehrlich hämefrei sein.

Kein Politiker muss sich also für körperliche Aussetzer schämen
Helmut Schmid wurde als deutscher Kanzler an die 100-mal bewusstlos. Auch der Gesundheitszustand von Angela Merkel wurde thematisiert, nachdem sie zum wiederholten Mal bei öffentlichen Auftritten heftig zu zittern begann. Zuletzt nutzten vor allem Trump-Fans einen Stolperer von US-Präsidenten Joe Biden für boshafte Spekulationen. Kein Politiker muss sich also für körperliche Aussetzer schämen. Es passiert so gut wie allen.

Abseits der Inszenierung: Es sind Menschen wie Du und Ich ...
Auch wenn der spätestens seit Sebastian Kurz vorherrschende politische Trend zur überinszenierten Perfektion dem Wähler suggerieren soll, dass Politiker Übermenschen sind - sie sind es nicht. Wer hinter die Kulissen blicken durfte, weiß: Politiker sind nicht viel anders als Du und Ich und die Politik ist ein knochenharter Job, der einem viel abverlangt. Bei manchen sicher auch einen Teil der Gesundheit.

… dennoch müssen Politiker das körperliche Gerüst mitbringen
Dennoch ist es gerade wegen der Härte des Politiker-Daseins von Vorteil, ein strapazierfähiges Grundgerüst mitzubringen. Wenn ein Politiker ausgerechnet in der größten Pandemie seit 100 Jahren so oft ausfällt, dass er seinen beruflichen Verpflichtungen nicht ordentlich nachkommen kann, wird es für alle schwierig. Ein Lungenkranker wird auch kein olympischer Tiefseetaucher sein können. So realistisch muss man sein.

Politisches Kleingeld aus einer Erkrankung schlagen geht gar nicht
Was auf keinen Fall geht, ist, dass so mancher nun aus der Erkrankung politisches Kleingeld zu schlagen versucht und in pseudo-besorgter Scheinheiligkeit Anschobers Rücktritt fordert. Das ist bösartig wie durchsichtig. Solange er beteuert, dass es „nichts Gröberes“ sei, kann man ihm nur aufrichtig gute Besserung wünschen. Oder, wenn das nicht geht, zumindest schweigen.

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