Fakt vs. Fiktion

Netflix-Hit „The Crown“: Zu real, um wahr zu sein?

Adabei
29.11.2020 05:50

Die 4. Staffel der Netflix-Serie „The Crown“ führt zu einem Aufschrei in England: Die Darsteller der Königsfamilie agieren so glaubwürdig, dass man nicht mehr zwischen Fakten und Fiktion unterscheiden kann.

Mehr Drama-Queen geht wirklich nicht mehr. Seit der Streamingdienst Netflix mit der Ausstrahlung der vierten Staffel von „The Crown“ begonnen hat, gehen die Wogen hoch. Nicht nur im englischen Königshaus. Palast-Mitarbeiter und Kommentatoren sind „frustriert und wütend“, sie debattieren eifrig über den Filmstoff, der zwar auf wahren Begebenheiten basiert, aber dennoch fiktional aufbereitet wurde - mit Verkürzungen, Überzeichnungen, Verschärfungen.

Diesmal liegt der Fokus der kostspieligen Prestigeserie auch auf dem Liebesdreieck Charles (gespielt von Josh O’Connor), Diana (Emma Corrin) und Camilla (Emerald Fennell), man beleuchtet das Geschehen von 1979 bis 1990. Und wiewohl Großbritanniens Monarchen schon seit Jahrhunderten filmreife Szenen zuhauf lieferten, bei der Darstellung einer Ikone wie Lady Di, der Prinzessin der Herzen und meistfotografierten Frau der Welt, da hört sich für Royal- und Nicht-Royal-Fans der Spaß auf.

Historiker und Hofapologeten gehen ob der eindrucksvollen Palast-Revue auf die Barrikaden. Peter Morgan, Drehbuchautor und Schöpfer von „The Crown“, verblüfft mit einer enormen Detailversessenheit und einem ausgeklügelten Ensemble.

Corrin verkörpert Lady Di mit rehscheuen Augen und zur Seite geneigtem Kopf
So fasziniert etwa die junge Schauspielerin Emma Corrin als Diana Spencer mit sanfter Stimme, rehscheuen Augen, später mit katzenhaften Zügen und einem stets leicht zur Seite geneigten Kopf - von der Verlobung bis zur Erscheinung in dem monumentalen Brautkleid - einer ungefähren Nachbildung des Originals, für die 600 Arbeitsstunden notwendig waren, schließlich handelte es sich um 95 Meter Stoff und 100 Meter Spitze.

„Zuschauer vergessen, dass es Fiktion ist“
Die Sanftmütige wird als Gegenpol zu Prinz Charles gezeigt. O’Connor verleiht seiner Figur mit steifer Oberlippe und gebückter Haltung die Ausstrahlung eines Egozentrikers, eines von seiner Mutter gequälten und von Selbstmitleid gebeutelten Finsterlings. Der wahre Thronfolger Prinz Charles soll laut „Mail on Sunday“ über sein Bildschirm-Alter-Ego überhaupt nicht begeistert sein.

Selbst Earl Spencer, der Bruder der 1997 verunglückten Diana, hat mit dem Hochglanz-Reality-Drama seine Probleme. „Mich besorgt, dass die Zuschauer ein solches Programm sehen und vergessen, dass es Fiktion ist“, klagte der 56-Jährige dem Sender ITV. Wiewohl er zugestehen musste, dass sehr wohl auch Wahrheiten aus dem Leben der Windsors gezeigte werden.

Vielleicht meint Spencer ja die Szene, die man sich bei aller Liebe zu Erfindungen nur so und nicht anders vorstellen kann: Als nämlich Prinz Philip am Wahltag des Jahres 1979 erfahren hatte, dass England mit Margret Thatcher erstmals eine Premierministerin bekommt, grollte der überaus mürrische Gemahl von Königin Elizabeth: „Das ist wirklich das Letzte, was dieses Land braucht. Zwei Frauen, die den Laden führen.“

Karin Schnegdar, Kronen Zeitung

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(Bild: kmm)



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