"Krone": Herr Primarius, wie geht es dem 16-jährigen Mädchen?
Werner Schöny: Sehr schlecht, die Patientin ist sehr krank. Sie ist schon seit ein paar Wochen bei uns, die Erinnerung an die schrecklichen Erlebnisse kam ganz langsam hoch.
"Krone": Sie wusste es nicht mehr?
Schöny: Das passiert oft, ist sogar typisch: Die Opfer leiden still, verdrängen das Erlebte, spalten sich von ihrem Gefühlsleben ab. Erst wenn sie krank werden, Angstanfälle, Schlafstörungen und Selbstmordtendenzen haben, fallen sie auf.
"Krone": Ist sexueller Missbrauch das Ärgste, das man einem Kind antun kann?
Schöny: Es gibt drei Missbrauchsformen: sexuell, körperlich und psychisch. Alle können schwere Schäden auslösen. Bei sexuellem Missbrauch hängen oft alle drei Formen zusammen. Fast immer wird das Kind erpresserisch unter Druck gesetzt, damit es auch sicher schweigt. Ihm wird suggeriert, es sei minderwertig und selbst an allem, was passiert ist, schuld.
"Krone": Die Täter - welche Menschen sind das?
Schöny: Nach außen hin Menschen wie du und ich. Es geht immer um Machtphantasien, die sadistisch ausgelebt werden. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht.
"Krone": Ist für junge Missbrauchsopfer später ein normales Leben überhaupt möglich?
Schöny: Möglich schon, es bedarf aber einer intensiven Betreuung. Aber ich bin überzeugt, dass eine schwere, seelische Narbe immer bleiben wird.
Interview: Hedwig Savoy, "Kronen Zeitung"
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