Immer mehr Kindergärten verlangen von Eltern bei banalem Schnupfen der Sprösslinge ein Attest, dass diese nicht mit dem Coronavirus infiziert sind. Teilweise werden bereits bei Verdachtsfällen Gruppen oder ganze Einrichtungen geschlossen. Um in der Schnupfen- und Grippesaison ein Chaos zu vermeiden, setzt die Vereinigung der Kinderärzte etwa auf das von der Regierung angekündigte Ampelsystem. Auch in der Bundeshauptstadt will man bei Verdachtsfällen nicht ganze Einrichtungen schließen.
Das geplante, vierstufige Ampelsystem, das die „Bevölkerung auf den ersten Blick“ vor Gefahr schützen soll, so Gesundheitsminister Rudi Anschober, soll berücksichtigen, wie viele Corona-Fälle es auf Bundesebene, in den einzelnen Bundesländern und auch in einem Bezirk gibt.
Diese Daten will die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) nutzen, wenn es darum geht, ob ein Kind als Verdachtsfall gesehen und getestet werden sollte: „Wenn ich wochenlang weit und breit keine Corona-Fälle habe und ich habe ein schnupfendes Kind, dann wird das mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Rhinovirus- und keine Coronainfektion sein“, betont ÖGKJ-Generalsekretär Reinhold Kerbl.
Derzeit passiere es immer öfter, dass Kindergärten sich über Bescheinigungen von Kinderärzten absichern wollen, dass Kinder mit Atemwegsinfekten Corona-frei sind. Die ÖGKJ rät allerdings davon ab, eine solche Bescheinigung auszustellen. Man sollte schließlich nicht bei jedem schnupfenden Kind einen (unangenehmen) Abstrich für einen Corona-Test machen - und ohne Test könne man auch keine Bescheinigung ausstellen.
Empfehlenswert sei, Kinder mit akuten Atemwegsinfekten für jene Tage, in denen sie stark husten, daheim zu lassen. Doch auch in solchen Fällen könne man sich an der Ampel orientieren: Zeige diese ein hohes Infektionsgeschehen an, werde man Kinder eher nicht in den Hort schicken und testen lassen. In einer Region ohne Verdachtsfälle werde das hingegen schon vertretbar sein. Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte am Freitag, wie wichtig es sei, sich in „Phase 3“ intensiv auf den Herbst vorbereiten.
Nur Gruppen schließen, nicht ganzen Hort
Würde man Kinder generell - und somit auch in „roten“ Gebieten - in den Kindergarten schicken, würden dadurch sicher einige Kindergarten-Cluster entstehen. „Dann wird es heißen: Jeder Fall kann Corona sein und alles wird zugesperrt.“ Berücksichtige man hingegen die Ampel, könnte das viel bewirken, hofft Kerbl. Wichtig sei auch, Einrichtungen die Testergebnisse schneller zukommen zu lassen. Das sollte aufgrund des Ausbaus von Testkapazitäten bald innerhalb weniger Stunden möglich sein.
„Befund wird fast immer negativ sein“
„Der Befund wird fast immer negativ sein“, es ergäbe dann „auch überhaupt keinen Sinn, den Kindergarten zu schließen“, so Kerbls Hoffnung. Würde ein Kind positiv getestet, solle die betreffende Kindergartengruppe für 14 Tage geschlossen werden - nicht aber die gesamte Einrichtung.
Video: „Phase nach Sommer wird große Herausforderung“:
Neue Regeln für Wiens Schulen und Kindergärten
Auch in der Bundeshauptstadt setzt man auf neue Regeln: Auch hier sollen bei Verdachtsfällen keine Einrichtungen geschlossen werden. Betroffene Kinder müssen eine Quarantäne einhalten, während der Rest weiter betreut und unterrichtet wird. In der Freizeit sollen Kids, die mit Verdachtsfällen in Kontakt waren, vorsichtig sein, bis das Ergebnis vorliegt. Sie sollen an keinen Familien- und Geburtstagsfeiern teilnehmen und auch keine Spiel- oder Sportplätze mehr besuchen. Möglich ist hingegen laut Krisenstab ein Spaziergang mit den Eltern oder ein kurzer Einkauf mit Schutzmaske.
Weniger als fünf Prozent der Verdachtsfälle mit Virus infiziert
Ist ein Verdachtsfall positiv, würden enge Kontaktpersonen - dies schließt Kinder derselben Kindergartengruppe oder Klasse ein - sehr wohl für 14 Tage nach dem letzten Kontakt zum infizierten Kind abgesondert. Jedoch habe man beobachtet, dass sich weniger als fünf Prozent der Kinder mit Symptomen tatsächlich mit dem Virus angesteckt hatten.
Ein mehrmaliges Niesen, eine leicht rinnende Nase oder ein einmaliges Husten allein ist noch kein Anlass für eine Abklärung. Starke Beschwerden, die dazu führen, dass das Kind dem Bildungsangebot nicht mehr folgen kann, sollen aber jedenfalls zu einer Abklärung führen.
Ursula Karnthaler, stellvertretende Landessanitätsdirektorin und Leiterin des Medizinischen Krisenstabs
Seit Ausbruch der Pandemie wurden laut Krisenstab an Schulen und Kindergärten fast nur Einzelfälle verzeichnet. Cluster-Analysen in Wien hätten außerdem gezeigt, dass sich Kinder eher im Familienverband anstecken.
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