Holz, Elfenbein & Co.

Schmuggel geschützter Arten ist Milliardengeschäft

Klima
10.07.2020 15:33

Ob Fleisch der Schuppentiere, Knochen und Haut seltener Tiger und Jaguare, Hörner und Elfenbein von Nashörnern und Elefanten, sprechende Papageien oder Schildkröten, Schlangen, Eidechsen und Geckos - der Wildtierhandel ist ein Milliardengeschäft. Neben dem Drogen-, Waffen- und Menschenhandel gilt der Wildtierhandel als einer der lukrativsten Geschäftszweige krimineller Organisationen. Das meistgeschmuggelte Säugetier der Welt ist das Schuppentier, Tropenholz und Elfenbein machten von 2014 bis 2018 je fast ein Drittel des Gesamtwerts aller entdeckten Schmuggelware aus.

Schuppentiere (Pangoline) leben in den Wäldern und Savannen Asiens und Afrikas und ernähren sich vorrangig von Insekten. Obwohl das fremdartige Wesen hierzulande kaum jemandem ein Begriff ist, ist das Pangolin das am meisten gehandelte Tier weltweit. Sein Fleisch gilt in manchen Ländern als Delikatesse. Seine Schuppen bestehen aus einem ähnlichen Material wie unsere Fingernägel und werden bei traditionellen medizinischen Praktiken angewendet. Wegen gesunkener Elfenbeinpreise satteln Profischmuggler auch auf die besonders in Asien als Heilmittel begehrten Tiere um.

Von 2014 bis 2018 verzehnfachte sich die Menge an Hornschuppen, die Zollfahndern weltweit jährlich ins Netz ging. Das geht aus dem Bericht zum illegalen Handel mit Wildtieren und -pflanzen des UN-Büros zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) hervor, der am Freitag in Wien vorgestellt wurde.

Tropenholz und Elfenbein machten je fast ein Drittel des Gesamtwerts aller von 2014 bis 2018 entdeckten Schmuggelware aus der Natur aus. Rund 14 Prozent entfielen auf den Schuppentier-Handel, rund zwölf Prozent auf die Hörner von Nashörnern. Auch seltene Schildkröten, Tiger und Aale sind demnach wichtige Schwarzmarkt-Ware.

Wildtierhandel „löst Teufelskreis aus“
Der „World Wildlife Crime Report“, dessen erste Ausgabe vor vier Jahren erschien, basiert auf von 149 Staaten gemeldeten Daten über Beschlagnahmungen, ergänzt durch detaillierte Forschung zum illegalen Geschäft mit geschützten Tieren und Pflanzen. Rund 6000 Spezies tauchten demnach seit 1999 in Zollfunden auf. „Kriminalität mit wild lebenden Spezies löst einen Teufelskreis aus, der unsere Gesundheit, Sicherheit und Entwicklung aufs Spiel setzt“, sagte UNODC-Direktorin Ghada Waly bei der Vorstellung des Berichts.

Mit Blick auch auf die Corona-Pandemie mahnen die Experten, dass die Ausbeutung der Natur nicht nur Klima und Artenvielfalt, sondern auch die menschliche Gesundheit bedrohe. Fast drei Viertel aller neuen Infektionskrankheiten der vergangenen Jahrzehnte seien vom Tier auf den Menschen übergesprungen.

Vor einigen Monaten war dabei gerade das Schuppentier als möglicher Zwischenwirt des SARS-CoV-2-Erregers ins Gespräch gekommen: In Proben von Tieren, die in Asien für ihr Fleisch auch lebendig geschmuggelt wurden, hatten Forscher dem menschlichen Virus extrem ähnliche Erreger gefunden, ähnlich wie in Fledermäusen.

Wildtiermärkte als Brutstätten für Krankheiten
Mittlerweile sehe es nicht mehr so aus, dass SARS-CoV-2 direkt vom Schuppentier auf den Menschen übergesprungen sei, so der Wildtierforensiker Stefan Prost von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt. Dazu fehle wohl mindestens eine Entwicklungsstufe im Virus. Mögliche Zwischenwirte sind Schuppentiere aber. Gerade Wildtiermärkte böten dem Virus ideale Bedingungen, von Art zu Art und schließlich auf den Menschen zu springen.

Handel extrem lukrativ
Auch Prosts Team beobachtete zuletzt eine massive Zunahme geschmuggelter Schuppentiere. „Der Grund ist aus meiner Sicht, dass Schuppentiere viel leichter zu fangen sind als Elefanten und viel geringere Strafen darauf stehen“, sagte er. Der Handel sei extrem lukrativ - und erst seit Kurzem in der höchsten Schutzstufe reguliert.

55 US-Dollar pro Kilo Elfenbein
Tatsächlich beobachten Forscher, dass sich der Markt für Elfenbein und Nashorn-Hörner in den vergangenen Jahren - nach Verboten in den USA und in China - abzuflachen scheint. Rekordfunde an Elfenbein und Rhino-Hörnern 2019 wiesen eher auf einen Abverkauf als auf neue Wilderei hin. Wilderer in Kenia bekamen laut Bericht 2018 nur noch 55 US-Dollar pro Kilo Elfenbein - 148 US-Dollar waren es 2014 gewesen. Die Gesamtsummen bleiben dennoch schwindelerregend: Auf jährlich rund 400 Millionen US-Dollar Profit schätzen die Experten den Handel mit Elfenbein, rund 230 Millionen US-Dollar würden jährlich mit Nashörnern verdient.

Tigerprodukte heiß begehrt
Andere seit vielen Jahren streng geschützte Arten werden trotz Verboten munter weiter gehandelt. So bewege sich der Handel der in der traditionellen chinesischen Medizin begehrten Tigerprodukte, vor allem von Knochen, etwa auf einem niedrigen Level, sei aber in den vergangenen Jahren angestiegen - zunehmend auch als Statussymbol statt als Heilmittel, heißt es im Bericht. Tiger werden zudem von der Palmölproduktion bedroht.

Auch das Abholzen von Tropenholz, das oft mit verschleierter Herkunft im legalen Handel landet, ist weiter ein großes Problem. Etwa vier Millionen Bäume einer geschützten Palisander-Art seien allein im Jahr 2017 aus Nigeria exportiert worden. Die Schutzmechanismen hinken dabei den wendigen Handelswegen der organisierten Kriminalität ständig hinterher.

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