„Ungehobelte Manieren“

Linker Ramelow verweigert AfD-Höcke Handschlag

Ausland
04.03.2020 17:31

Bodo Ramelow ist am Mittwoch im dritten Anlauf zum Ministerpräsidenten im deutschen Bundesland Thüringen gewählt worden - vier Wochen nach dem Wahl-Eklat rund um den FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich. Doch schon kurz nach Ramelows Wiederwahl gab es den nächsten Eklat. Ramelow verweigert AfD-Landeschef Björn Höcke bei der Entgegennahme der Glückwünsche demonstrativ den Handschlag (siehe Video oben). Ramelow rechtfertigte danach sein Verhalten damit, dass die AfD die Demokratie mit Füßen trete. 

„Das kann man als ungehobelte Manieren betrachten“, sagte Ramelow über sein Verhalten. Hintergrund war das Wahldebakel vor vier Wochen, bei dem der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU, FDP und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. AfD-Abgeordnete erklärten anschließend, man habe Kemmerich eine Falle gestellt.

Bodo Ramelow verweigerte nach seiner Wiederwahl den Handschlag von Björn Höcke. (Bild: AFP)
Bodo Ramelow verweigerte nach seiner Wiederwahl den Handschlag von Björn Höcke.
(Bild: AFP)
(Bild: AFP)
(Bild: AFP)

„Wer so über ein Verfassungsorgan spricht, hat etwas zu klären“, sagte Ramelow. Er werde Höcke erst dann die Hand geben, „wenn ich deutlich vernehmen kann, dass Sie die Demokratie verteidigen und nicht die Demokratie mit Füßen treten“. Im Parlament hat die rot-rot-grüne Koalition keine eigene Mehrheit, sofern sich die Oppositionsfraktionen AfD, CDU und FDP geschlossen gegen sie stellen. Ramelow sagte, er baue auf die Unterstützung der demokratischen Fraktionen, dass es keine „destruktiven Mehrheiten“ geben werde.

Ramelow an AfD: „Sie sind die Brandstifter in diesem Saal“
Ramelow griff in seiner Rede die AfD weiter scharf an. „Sie sind die Brandstifter in diesem Saal“, sagte der Linkspolitiker nach seiner Vereidigung in Erfurt. Der CDU-Fraktion dankte er, dass sie in einer schwierigen Situation durch ihre Enthaltung seine Wahl im dritten Wahlgang ermöglich hatte. Der von einer Minderheitskoalition aus Linken, SPD und Grünen unterstützte Ramelow hatte sich mit der CDU auf eine sogenannte Stabilitätsvereinbarung verständigt, die am Mittwoch unterschrieben wurde. Demnach sollen im April nächsten Jahres vorgezogene Neuwahlen stattfinden.

„Manierlosigkeit ist eine Schaden für Thüringen“
Höcke wiederum ließ die Kritik nicht lange auf sich sitzen. „Diese Manierlosigkeit des neuen Ministerpräsidenten ist eine Schande für Thüringen“, sagte er in einem Interview mit dem Sender n-tv. Für ihn sei es „ein Bedürfnis“ gewesen, ihm die Hand zu schütteln. Nicht, weil er sich freue, dass Ramelow als „Kandidat der SED“ in das Amt des Ministerpräsidenten zurückkehre, sondern weil er ihm damit zeigen wolle, dass er diese formal korrekte, demokratische Wahl akzeptiere.

Björn Höcke (Bild: AFP)
Björn Höcke

Ramelow im dritten Anlauf zum Ministerpräsidenten gewählt
Höcke warf Ramelow vor, mit „gespaltener Zunge“ zu sprechen. „Einerseits Toleranz und Offenheit predigen, andererseits große Teile nicht nur des Parlaments, sondern mittlerweile auch der Thüringer Wählerschaft auszuschließen - das geht gar nicht“, sagte Höcke vor Reportern im Landtag. Ramelow hatte zuvor im Landtag in Erfurt im dritten Wahlgang die nötige einfache Mehrheit der Stimmen erzielt. Ramelow und Höcke unterhielten sich im Plenarsaal kurze Zeit mit ernster Miene.

Bodo Ramelow (Bild: AFP)
Bodo Ramelow

FDP boykottierte die Wahl, CDU enthielt sich
Ramelow, der 2014 in Thüringen erster Ministerpräsident der Linken in Deutschland wurde, scheiterte am Mittwoch zunächst in zwei Wahlgängen an der nötigen absoluten Mehrheit von 46 Stimmen - wie auch sein Kontrahent Höcke. Dieser war zum dritten Wahlgang nicht mehr angetreten, in dem eine einfache Mehrheit reichte. Abgegeben wurden in allen drei Durchgängen 85 gültige Stimmen. Der Landtag hat aber eigentlich 90 Abgeordnete. Die Differenz erklärt sich damit, dass die vier anwesenden FDP-Abgeordneten nicht mit abstimmten und eine Abgeordnete der Freidemokraten fehlte.

Bodo Ramelow und die Linke-Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow (Bild: AFP)
Bodo Ramelow und die Linke-Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow

„Reiche erschießen“: Eklat bei Treffen der Linken
Bereits am Wochenende gab es beim Strategietreffen der deutschen Linken zum künftigen Kurs der Partei große Aufregung (siehe Instagram-Posting unten). Bei einer Diskussionsrunde äußerte sich eine Teilnehmerin mit den Worten: „Energiewende ist auch nötig nach ‘ner Revolution. Und auch wenn wir das ein(e) Prozent der Reichen erschossen haben, ist es immer noch so, dass wir heizen wollen.“

Die Parteispitz distanzierte sich danach von Wortwahl. „Wer Menschen erschießen will und von einer Revolution mit oder durch Gewalt schwadroniert, hat mit meinem Wertekanon nichts gemein“, so Ramelow. 

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt