Grazer Bürgermeister

Siegfried Nagl: „Mit den Grünen war‘s anstrengend“

Steiermark
10.01.2020 14:13

Der Grazer Bürgermeister hat politisch schon viel erlebt: Vier Jahre lang war Siegfried Nagl in einer Koalitions-Regierung mit den Grünen. Wie das mit den „Realos“ und den „Fundis“ so ist, davon kann er ein Liedchen singen. Und auch sonst nimmt sich der Stadtchef kein Blatt vor den Mund.

„Krone“: In Österreich gibt es erstmals eine schwarz-grüne Bundesregierung. Sie haben von 2008 bis 2012 mit den Grünen regiert. „Eine neue Politik für Graz“, hieß der Slogan. Damals herrschte so etwas wie eine Aufbruchstimmung in der Stadt. Und eine Zeit lang ist das auch gut gegangen. Irgendwann ging es nicht mehr. Warum?
Siegfried Nagl: Die Jahre mit den Grünen waren anstrengend, so wird’s jetzt auch für Sebastian Kurz werden. Spannend ist übrigens: Im Regierungsprogramm steht, dass die Wasserkraft massiv ausgebaut werden soll - in Graz waren die Grünen immer gegen das Murkraftwerk. Aber man lernt nie aus. Unter Schwarz-Grün in Graz ist vieles gelungen, ich hatte immer eine gute Gesprächsbasis mit Lisa Rücker (damals grüne Vizebürgermeisterin, Anm.). Aber dann kommt die Basis, und dann wird’s schwierig. Gescheitert ist es bei uns, weil Rücker mit den eigenen Leuten Probleme bekommen hat. Irgendwann ist halt leider nichts mehr weitergegangen - ich hoffe, dass die Grünen im Bund das besser im Griff haben.

Graz braucht Geld für den Öffi-Ausbau. Die Grüne Leonore Gewessler, eine Steirerin, ist als Ministerin für den öffentlichen Verkehr zuständig. Haben Sie schon einen Termin bei ihr?
Habe ich noch nicht - aber ich werde bald lästig sein. Mit ihrem Vorgänger Norbert Hofer habe ich eine Verkehrsmilliarde für den Öffi-Ausbau in den Städten vereinbart. Nach Ibiza hatte ich Sorge, dass das in der „Rundablage“ verschwindet - aber wenn jetzt, bei einer grünen Regierungsbeteiligung, beim öffentlichen Verkehr nichts weitergeht, wäre das eine Wählertäuschung.

Jemand hat einmal gesagt, vielleicht waren es sogar Sie: „Das Land tut so, als würde Graz nicht zur Steiermark gehören.“ Würden Sie sich mehr Unterstützung wünschen?
Das kommt aus einer Zeit, als es kaum Geld vom Land für den öffentlichen Verkehr in Graz gab, aber gerade da ist in den letzten Jahren einiges weitergegangen. So wie bei der Fahrradinfrastruktur, wo das Land 50 Millionen Euro zugesagt hat. Der Landeshauptmann sagt immer, ich sei einer seiner treuesten, aber auch einer seiner teuersten Freunde (lacht). A Ruah gib i net!

Ein Spruch, der sicher von Ihnen stammt, und Ihnen auch etwas nachhängt, ist der mit den Kränen: Sie haben einmal sinngemäß gesagt, als Bürgermeister können Sie nicht genug davon sehen. Der Bauboom der letzten Jahre wird jedoch von vielen Grazern kritisch gesehen.
Früher wollten alle nach Graz-Umgebung ziehen, jetzt wollen alle nach Graz. Seit ich Bürgermeister bin, ist Graz um 80.000 Einwohner gewachsen, ich kann das ja gar nicht stoppen. Das Verdichten macht gerade in der Stadt Sinn. Gute Raumplanung heißt: Am Land möglichst wenig zubetonieren. Wir haben keinen Quadratmeter mehr Bauland ausgewiesen.

Der Klimawandel ist das große Thema derzeit. Die Stadt Graz hat im letzten heißen Sommer angekündigt, 30 Millionen Euro zu investieren, das Land hat in der Hitze des Wahlkampfs gesagt, es legt noch einmal 30 drauf. Bislang gibt es aber wenig Konkretes, was mit dem vielen Geld gemacht werden soll. Kritiker sprechen von einem PR-Gag.
Während andere Städte den Klimanotstand ausrufen, haben wir den Klimafonds eingerichtet - mit dem Ziel, dass Graz Klima-Innovationsstadt Nummer eins wird. Es gibt einen Fachbeirat, der jetzt konkrete Projekte ausarbeitet; sie werden demnächst vorgestellt.

Eine Thema, das auch polarisiert, ist der Bau einer Gondel auf den Plabutsch. Sind die Pläne noch aufrecht?
Es ist ganz klar: Die Planungen laufen weiter. Wir machen eine Umweltprüfung, es gibt nichts zu verstecken. Und am Ende wird es eine Volksbefragung geben und eine Mehrheit diesem Projekt zustimmen. Es wird ein tolles Naherholungsgebiet - wie der Schöckl.

Wird es ein zweites Fußballstadion in Graz geben?
Das ist der Traum beider Fußballklubs, und ich verstehe deren Wunsch. Aber ich muss auch an den Steuerzahler denken. Außerdem wüsste ich nicht, wo eines gebaut werden könnte. Ein neues Stadion kostet 30 bis 50 Millionen Euro. Und damit es ja nicht getan. Auch rundherum wären riesige Investitionen notwendig, wie etwa für die Verkehrsanbindung.

Im März sind Sie seit 17 Jahren Bürgermeister. Nur Ihr Vorgänger Alfred Stingl war ein Jahr länger Stadtoberhaupt von Graz. Wie sieht Ihre weitere Lebensplanung aus?
Was zählt, ist nicht, wie lange man Bürgermeister ist, sondern, was man in dieser Zeit tut. Ein Jahr vor der Wahl habe ich immer nachgedacht, ob ich noch Kraft habe und es Dinge gibt, die ich umsetzen will. Jetzt haben wir gerade einmal Halbzeit, und wir wollen demnächst die „Agenda 22 plus“ vorstellen (die aktuelle Periode endet 2022, Anm.). Wenn man, so wie ich, vier Wahlen gewonnen hat, spürt man das Vertrauen der Menschen. Das ist ein Rucksack, aber auch ein Ansporn. Manchmal fühle ich mich schon ein bisserl wie ein Dinosaurier...

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer sucht ja auch einmal einen Nachfolger...
...ich habe nicht den Eindruck (lacht)!

Ihr Name ist in der Vergangenheit immer wieder gefallen!
Das habe ich gehört, aber ich glaube, diese Stadt ist meine Bestimmung.

Wem in Ihrer Partei trauen Sie zu, einmal Ihr Erbe anzutreten?
Ich habe ein tolles Team, aber jeder weiß, dass Kurt Hohensinner ein ganz treuer Begleiter ist.

Danke für das Gespräch.

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