Anhänger: „Mord“

Ex-Präsident Mursi im Kreis der Familie beigesetzt

Ausland
18.06.2019 21:06

Nach seinem plötzlichen Tod während einer Gerichtsverhandlung ist Ägyptens früherer Präsident Mohammed Mursi beigesetzt worden. Der 67-Jährige sei im Beisein seiner Familie auf einem Friedhof für Anführer der Muslimbrüder im Osten Kairos bestattet worden, teilte Mursis Sohn Ahmed am Dienstag über Twitter mit. Seine Anhänger werfen den ägyptischen Behörden unterdessen „Mord“ vor. Die schlechten Haftbedingungen hätten das Ziel gehabt, den Ex-Präsidenten langsam zu töten, erklärte die Partei Freiheit und Gerechtigkeit, der politische Arm der islamistischen Muslimbruderschaft. Menschenrechtsorganisationen forderten eine unabhängige Untersuchung.

Die Sicherheitsbehörden hätten eine Beerdigung im Familiengrab in seinem Geburtsort in der Provinz Sharkija untersagt, schrieb Mursis Sohn auf Twitter. Mursi war am Montag während einer Gerichtsverhandlung ohnmächtig geworden und kurz danach gestorben. Die staatliche Nachrichtenseite „Al-Ahram“ meldete unter Berufung auf medizinische Kreise, der Ex-Präsident habe einen Herzinfarkt erlitten. Dafür gab es zunächst keine offizielle Bestätigung. Der Staatsanwalt hat eine Untersuchung der Todesursache angeordnet.

Nur Familie zur Beerdigung zugelassen
Die im Islam vorgeschriebene rituelle Waschung habe vor Sonnenaufgang am Dienstag stattgefunden, sagte sein Verteidiger Abdel Moneim Abdel Maksoud der Deutschen Presse-Agentur. Der Trauergottesdienst fand demnach in der Moschee des Tora-Gefängnisses statt, in dem Mursi lange in Haft saß. Das rituelle Waschen und Einhüllen muss beim Tod von Muslimen so schnell wie möglich erfolgen. Nur zehn Familienmitglieder hätten an der Beerdigung im Osten Kairos teilnehmen dürfen, sagte Abdel Maksoud. Unter ihnen waren demnach Mursis Frau, seine drei Brüder sowie seine Tochter und seine vier Söhne. Die Beerdigung fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Mursi war lange Mitglied der inzwischen verbotenen Muslimbrüder.

Ägyptische Medien, die einer strengen Zensur unterliegen, schenkten dem Tod nur wenig Aufmerksamkeit. Im Staatsfernsehen wurde Mursi in Berichten nur namentlich erwähnt - ohne Hinweis auf seine frühere Präsidentschaft. Auf den Titelseiten der großen ägyptischen Tageszeitungen fand das Thema kaum Beachtung. Nur die private Zeitung „Al-Masri Al-Jum“ berichtete über Mursis Tod auf der Titelseite.

Erdogan: „Dies war kein normaler Tod“
In Istanbul gedachten Tausende Menschen am Dienstag bei einer Trauerfeier des früheren ägyptischen Präsidenten. Die Teilnehmer hielten bei dem Gebet in der Fatih-Moschee Fotos des ersten demokratisch gewählten Staatsoberhaupts Ägyptens hoch. Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan nahm an der Trauerfeier teil. Der Staatschef las im Hof der Fatih-Moschee an der Seite anderer türkischer Politiker und ägyptischer Oppositioneller ein Gebet.

In seiner Rede am Dienstag warf Erdogan dem Westen vor, „dem Sturz Mursis durch einen Putsch, seinem Leiden im Gefängnis und seinem Tod“ tatenlos zugesehen zu haben. „Ich glaube nicht, dass dies ein normaler Tod war“, sagte Erdogan bei der Trauerfeier in der Fatih-Moschee. Zudem griff er die Führung in Kairo scharf an und verurteilte die „Feiglinge“, die Mursi im kleinen Kreis beisetzen lassen hatten.

Zahlreiche Trauerfeiern für Mursi
Auf einen Aufruf der türkischen Religionsbehörde Diyanet hin wurden im ganzen Land Trauerfeiern für Mursi organisiert. Außer in Istanbul gab es in der Hauptstadt Ankara und der Kurdenmetropole Diyarbakir große Kundgebungen, bei denen die Teilnehmer Bilder Mursis hochhielten und die Führung in Kairo für den Tod des führenden Mitglieds der islamistischen Muslimbruderschaft verantwortlich machten. Auch in anderen Ländern wie Pakistan kam es zu Kundgebungen.

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