30.05.2019 13:08 |

Kneissl voller Elan

„Hätte gerne einiges noch auf Schiene gebracht“

Nach den jüngsten Umwälzungen in der heimischen Politik sieht Karin Kneissl den Umstand, dass ihre Tage als Außenministerin wohl gezählt sind, mit Wehmut. „Ich bin nicht traurig, ich bedaure nur, dass ich gewisse Dinge nicht zu Ende führen kann. Ich hätte gerne einige Dinge noch auf Schiene gebracht“, zeigt sie kaum Amtsmüdigkeit. Dabei lässt die nunmehr provisorische Ressortchefin - ohne es explizit zu sagen - durchblicken, dass sie nicht abgeneigt wäre, ihre Tätigkeit in einer tatsächlichen „Caretaker-Regierung“ fortzusetzen.

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Die ursprünglich von der FPÖ nominierte Außenministerin betonte am Donnerstag in einem Bilanzgespräch mit der APA, dass sie ihre Arbeit als „Fachministerin“ und nicht als Vertreterin einer Partei verrichtet habe. Sie sei 2017 vom damaligen FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache gefragt worden, ob sie sich vorstellen könnte, der Regierung als „unabhängige Außenministerin“ anzugehören - und sie habe Ja gesagt.

„Bin kein parteipolitisch geprägter Mensch“
Dabei räumte die 54-Jährige eine gewisse Fehleinschätzung ein: „Ich war wohl etwas naiv zu glauben, dass ich tatsächlich als unabhängig wahrgenommen werde. Das habe ich unterschätzt. Ich bin als Fachministerin gekommen, wurde aber als Parteiministerin gesehen.“ Dabei sei sie nach wie vor kein „parteipolitisch geprägter Mensch“. Nachsatz: „Ich habe immer versucht, Sachentscheidungen zu fällen.“

Strache-Rücktritt: „Er hat mir leidgetan“
Über das brisante Ibiza-Video ihres Förderers Strache sei sie „wie alle schockiert“ gewesen, so Kneissl. Dennoch habe sie sich bei seiner Rücktrittsankündigung am Samstag vor einer Woche an seine Seite gestellt. „Ich bin als Mensch dort gestanden. Ich habe gefunden, das gehört sich so. Er hat mir leidgetan. Er hat ja selbst gesagt, dass es die größte Dummheit seines Lebens war. Aber wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.“

Nach Skandal „viel Zuspruch“ bekommen
Dass Österreichs Ansehen unter dem Skandal und den jüngsten politischen Entwicklungen international gelitten habe, könne sie nicht bestätigen, meinte Kneissl. Sie sei aber zuletzt auch nicht im Ausland gewesen. Allerdings habe sie von „einer Reihe von Außenministerkollegen viel Zuspruch und Unterstützung“ erhalten: „Ich habe nette Post und SMS bekommen.“ Darunter seien auch Kollegen gewesen, die der türkis-blauen Regierung durchaus kritisch gegenüberstanden.

„Bin weniger für das große mediale Getöse“
Sie sei Ende 2017 nicht angetreten, um als Außenministerin „die Welt aus den Fugen zu heben“, betonte Kneissl. Vielmehr habe sie auf eine sachliche Neutralitäts- und Amtssitzpolitik (Stichwort UNO oder OSZE) gesetzt. Auf die Frage, was sie von ihrem Vorgänger Sebastian Kurz (ÖVP) unterschieden habe, meinte sie: „Ich sehe die Diplomatie als Arbeiten hinter den Kulissen und bin weniger für das große mediale Getöse im Vorfeld.“

Warnung vor Chinas Ambitionen im Westen
Aktuell sieht die langjährige Diplomatin „zweifelsfrei die Handelskriege“ als größtes Konfliktpotenzial. Zudem bekräftigte die Ministerin ihre Skepsis gegenüber China. Mit Blick auf dessen Charmeoffensive im Westen forderte sie, „nicht dieser Umarmung auf allen Ebenen nachzugeben“. Nicht „besonders besorgt“ zeigte sich Kneissl hingegen über einen „möglichen Kriegsausbruch“ am Persischen Golf. Die Lage dort, so die Nahost-Kennerin, sei „immer besorgniserregend“.

Drei offene Buchprojekte in der Pipeline
Alles in allem wirkt die Außenministerin nach wie vor voller Tatendrang. Sollte ihr Mandat jedoch tatsächlich dieser Tage enden, dürfte ihr trotzdem nicht langweilig werden. Sie habe drei offene Buchprojekte in der Pipeline, meinte sie - und fügte scherzhaft hinzu: „Wenn man mich fragt, was mein zukünftiger Berufstraum ist: Ich wollte immer den Wetterbericht auf BBC vorlesen.“

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