Tumult in U-Bahn

Bub (3) und Passant im „Wahn“ attackiert: Urteil

Wien
29.04.2019 14:33

Wahllos hat ein 37-Jähriger im November des Vorjahres in einer Wiener U-Bahn-Station einen Passanten attackiert, einem drei Jahre alten Bub sogar aus vollem Lauf mit dem Fuß gegen den Kopf getreten und ihn mit der Faust geschlagen. Am Montag wurde dem Angeklagten dafür der Prozess gemacht. Der gebürtige Türke, der seit Jahrzehnten an paranoider Schizophrenie leidet, wurde in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Zu dem Vorfall, der tumultartige Szenen zur Folge hatte, war es am 21. November in der Station Längenfeldgasse gekommen. Mit einer vollen Bierdose schlug der Angeklagte zunächst einem telefonierenden Fahrgast mit voller Wucht ins Gesicht. Das Opfer büßte nicht nur einen Zahn ein, sondern hat seither auch psychische Folgen zu ertragen: So befindet er sich seit der Attacke im Krankenstand, leidet in der U-Bahn an Angstzuständen und nachts unter Albträumen. Zusätzlich erschwerend: Da der Angeklagte aufgrund seiner Krankheit nicht zurechnungsfähig ist, kann der Betroffene auch kein Schmerzensgeld verlangen.

Tritt aus vollem Lauf heraus, Schlag ins Gesicht
Nachdem er den Fahrgast brutal angegriffen hatte, setzte der 37-jährige Verdächtige die Attacken fort - mit voller Härte. Wie auf einem Überwachungsvideo zu sehen ist, nahm der Angeklagte Anlauf und trat mit voller Wucht gegen den Kopf des drei Jahre alten Kindes, das mit seiner Mutter und dem noch jüngeren Geschwisterchen des Buben unterwegs war. Im Anschluss an den Tritt versetzte er ihm auch noch einen Faustschlag ins Gesicht. Wie durch ein Wunder überstand der Kleine dies ohne schwere Verletzungen.

Trotz des Videos und zahlreicher Zeugenaussagen blieb der 37-Jährige dabei: „Ich habe nichts gemacht.“ Der gebürtige Türke leidet bereits seit rund 20 Jahren an einer paranoiden Schizophrenie. Immer wieder erscheinen ihm „Teufel“, die ihn umarmen, küssen oder belästigen. In seinem „Wahn“, wie es der Sachverständige Reinhard Eher ausdrückte, setzt er sich dann zur Wehr. War es zunächst vor allem seine Familie, die dann angegriffen wurde, kamen zuletzt auch völlig Unbeteiligte zum Handkuss.

Keine Krankheitseinsicht
Der Besachwaltete selbst fühlt sich jedoch nicht krank, will sich deshalb auch nicht behandeln lassen und nimmt die ihm verschriebenen Medikamente auch nicht freiwillig. Obwohl er diese nun seit Monaten in der Justizanstalt verabreicht bekommt, ist kaum eine Besserung eingetreten. Auch in Haft ist er auf einige Mitinsassen losgegangen - diese würden nämlich seine Gedanken lesen.

Für den Sachverständigen sind vor allem die fehlende Krankheitseinsicht und die Aufhebung des Realitätsbezugs alarmierend. Es gebe ein hohes Risiko, dass der Angeklagte ähnliche schwere Straftaten setzen würde, die auch schlimmer enden könnten. Da es sehr unwahrscheinlich sei, dass er sich ambulant behandeln lassen würde, und die bisherige Medikation in der Justizanstalt auch keine Änderung zum Besseren bewirkt habe, müsse man ihn stationär aufnehmen.

Geht da nichts anderes?“
Der Schöffensenat folgte dieser Empfehlung und entschied nach kurzer Beratung auf eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, um zu verhindern, dass Unbeteiligte erneut Opfer seines Wahns werden, wie Richterin Sonja Weis sagte. „Geht da nichts anderes?“, meinte der 37-Jährige, woraufhin sein Anwalt Nichtigkeit und Berufung anmeldete. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, weshalb das Urteil nicht rechtskräftig ist.

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