Sturm, Hochwasser

Heftige Unwetter halten das halbe Land in Atem

Österreich
30.10.2018 12:57

Sturm und heftige Regenfälle sorgen seit Montagabend für Chaos in halb Österreich - vor allem in Kärnten und Osttirol: Tausende Haushalte sind ohne Strom, zahlreiche Straßen mussten gesperrt werden, Wohnhäuser wurden evakuiert, Orte sind von der Außenwelt abgeschnitten. Auch Schulen wurden geschlossen, die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, ihre Häuser nicht zu verlassen. In Flattach in Kärnten schwoll die Möll zu einem 100-jährlichen Hochwasser an (siehe Video oben). Ein heftiger Föhnsturm wütete auch in Salzburg und richtete dort große Schäden an, auch die Steiermark und Oberösterreich blieben nicht verschont.

Das Genua-Tief „Vaia“ hält die Einsatzkräfte im Süden des Landes seit Montagnachmittag auf Trab. In Kärnten sind die Gebiete im Bereich der Drau, Möll, Gail und Lavant betroffen, 10.000 Haushalte waren vorübergehend ohne Strom, gegen Mittag lag die Zahl bei 5500. In Lavamünd, einer Unterkärntner Gemeinde, die 2012 von einem verheerenden Hochwasser getroffen worden war, heulten am Montagnachmittag um 15.15 Uhr bereits die Sirenen. „Zivilschutzwarnung wurde ausgegeben. Eine Siedlung im Bereich Drauspitz musste evakuiert werden“, so Hannes Kienberger von der Freiwilligen Feuerwehr Lavamünd. 65 Betroffene wurden in einem Lokal bzw. privat untergebracht.

Von der befürchteten großen Flut blieb die Marktgemeinde entgegen der Prognosen offenbar verschont. Vizebürgermeister Gerd Riegler zeigte sich Dienstagfrüh auf Facebook vorsichtig optimistisch. Er dankte der Vielzahl an Helfern, die im Einsatz standen.

Reichen Stausee-Kapazitäten aus?
Laut Verbund-Sprecher Robert Zechner gelinge es vorerst, die Hochwasserwelle über den Völkermarkter Stausee abzupuffern. Derzeit lasse man rund 1550 Kubikmeter Wasser pro Sekunde nach Lavamünd durch, ob die Kapazitäten des Stausees für die Wassermassen reichen werden, sei aber noch nicht ganz sicher.

Situation in Möllbrücke angespannt
Auch in Oberkärnten hatte sich am Montag Angst breitgemacht: „Schon in den Sechzigern stand mein Heim unter Wasser. Am liebsten würde ich einfach nur noch fliehen“, so Ilse Pichler (85) aus Möllbrücke, die am Ufer der Möll lebt. Mit Sandsäcken, Holzblöcken sowie mobilen Hochwasserschutz-Wällen sicherten die im Dauereinsatz stehenden Wehren die Häuser.

Am Abend wurde ebenfalls eine Zivilschutzwarnung gegeben, als ein orkanartiger Föhnsturm mit bis zu 120 km/h über das obere Drau- und Mölltal fegte. Bäume und Strommasten wurden umgeknickt, Straßen blockiert. Die Situation in Möllbrücke blieb über die Nacht bis in die Morgenstunden sehr angespannt, doch auch hier blieb die große Hochwasserkatastrophe letztlich aus.

Sturmgefahr herrschte auch im Bezirk Hermagor. Straßen wurden gesperrt, Tausende Haushalte waren auch hier ohne Strom.

Damm gebrochen, Häuser evakuiert
Das Lesachtal ist noch von der Außenwelt abgeschnitten: Hier verlegten Muren die Straßen, ein Baum stürzte auf ein Haus. Johannes Leitner, der Bezirkshauptmann von Klagenfurt-Land, sprach eine Art Ausgangssperre aus - etwas, was es in Kärnten noch nie gab. Leitner: „Wir appellieren an die Bevölkerung im Raum Ferlach, Bodental und Zell, die Häuser nicht zu verlassen.“ Großalarm gab es zudem in Rattendorf im Gailtal, als in den Nachtstunden ein Damm brach. 15 Häuser mussten evakuiert und die Bewohner in Sicherheit gebracht werden.

Baum stürzt auf Polizeiauto - zwei Verletzte
Zu einem Unfall mit zwei verletzten Polizisten kam es in Velden, als die Beamten wegen eines umgestürzten Baums auf der Köttmannsdorfer Landesstraße ausrückten. Der Wagen wurde von einem weiteren umstürzenden Baum getroffen und schwer beschädigt. Die Polizisten konnten das Fahrzeug nur noch auf der Fahrerseite verlassen. Eine 25 Jahre alte Polizistin musste verletzt im LKH Villach behandelt werden, ihr 58-jähriger Kollege kam mit leichten Verletzungen davon.

Zugverkehr Spittal - Lienz eingestellt, Schüler dürfen zu Hause bleiben
Auch der Zugverkehr ist von den Maßnahmen betroffen. Dieser wurde zwischen Spittal und Lienz vorübergehend eingestellt, ebenso bleiben in den kommenden beiden Tagen sämtliche Pflichtschulen geschlossen. Auch im Bezirk Völkermarkt und in Ferlach im Bezirk Klagenfurt-Land, das in der Nacht auf Sonntag von einem schweren Föhnsturm getroffen wurde, bekamen die Kinder am Dienstag schulfrei.

Auch in Osttirol sollten Menschen zu Hause bleiben
Auch in Osttirol gestaltete sich die Situation sehr ernst. Die Lienzer Bezirkshauptfrau Olga Reisner rief die Bevölkerung am Montagabend auf, zu Hause zu bleiben: „Bitte bleiben Sie ab sofort zu Hause und lassen Sie ihr Auto stehen.“ Ein 93-Jähriger stürzte in Heinfels mit dem Auto in einen Hochwasser führenden Bach, konnte aber gerettet werden.

Lienz am Straßenweg vorübergehend nicht erreichbar
Aufgrund mehrerer Straßensperren war der Bezirk Lienz abends nur über die Großglocknerstraße erreichbar. Die Felbertauernstraße (B108) musste aufgrund einer Vermurung zwischen der Feglitzgalerie und Seblas gesperrt werden. Auch die Drautalstraße (B100) war im Bereich „Thaler Gerade“ nicht befahrbar. Zudem wurden mehrere Landes- und diverse Gemeindestraßen gesperrt. Prekärer wurde die Lage im Laufe der Nacht, Dienstagfrüh war der Bezirk vorübergehend nicht am Straßenweg erreichbar.

Am Vormittag konnte die Verbindung über den Iselsberg wieder geöffnet werden, hieß es seitens der Bezirkshauptmannschaft. Mehrere Gemeinde waren im Bezirk ohne Strom, die Arbeiten liefen auf Hochtouren. Dennoch entspanne sich die Lage vor Ort langsam, hieß es.

Auch in zahlreichen kleineren Orten stellte sich die Situation ähnlich dar. In Arnbach im Gemeindegebiet von Sillian habe der Pegel der Drau in der Nacht die hundertjährliche Hochwassermarke überschritten, teilte das Land Tirol mit. Die Drau trat dennoch nicht über die Ufer.

Brennerbahnstrecke unterbrochen
Unterbrochen war auch die Brennerbahnstrecke zwischen Innsbruck und Matrei. Umstürzende Bäume hatten die Oberleitung getroffen und beschädigt, die Reparaturarbeiten dürften bis in die Abendstunden andauern. Ein Schienenersatzverkehr wurde eingerichtet. Zwischen Matrei und dem Brenner verkehrten die Züge nach Plan, hieß es.

Bis zu 70 Paralleleinsätze durch heftigen Föhnsturm
Große Schäden wurden Dienstagfrüh auch aus der Stadt Salzburg gemeldet. Die Stadt war vom heftigen Föhnsturm nicht verschont geblieben. „Wir haben ab 6 Uhr kurzfristig eine große Zahl an Einsätzen hereinbekommen“, sagte Werner Kloiber von der Berufsfeuerwehr Salzburg. Teils mussten bis zu 70 Einsätze parallel abgearbeitet werden.

Festung Hohensalzburg von Föhnsturm beschädigt
Auch die Festung Hohensalzburg wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ein großer Teil des Daches wurde von den Sturmböen abgedeckt. „Wir haben das Areal großräumig abgesperrt. Solange der Wind anhält, können wir nur abwarten“, sagte Kloiber. Im ganzen Stadtgebiet stürzten Bäume und Kamine um oder drohten umzustürzen, Blechdächer wurden abgetragen.

Auch der Chiemseehof, der Sitz der Salzburger Landesregierung, war betroffen. Wie hoch die Schäden tatsächlich sind, lasse sich noch nicht abschätzen, hieß es. Das Amt für öffentliche Ordnung veranlasste kurz vor 8 Uhr eine Sperre für den Kapuzinerberg und den Mönchsberg, die Friedhöfe, Parks und städtischen Wälder. Es herrsche erhebliche Gefahr durch umstürzende Bäume und losgerissene Äste.

Das Schlimmste sei aber überstanden, konnte Josef Haslhofer von der ZAMG am Dienstag leichte Entwarnung geben. „Der Höhepunkt wurde bereits erreicht, der Wind wird im Laufe des Vormittags zunehmend weniger.“

Auch die Steiermark blieb nicht verschont
Auch die Steiermark blieb vom orkanartigen Sturm in der Nacht auf Dienstag nicht verschont. So wurden mehrere Straßen gesperrt (etwa die B72 zwischen Krieglach und St. Kathrein am Hauenstein), Bächer traten über die Ufer, die ÖBB-Südbahn über den Semmering blieb bis Mittag gesperrt. Mittlerweile ist die Strecke wieder eingleisig befahrbar. Hunderte Haushalte waren zunächst zudem ohne Strom. Insgesamt mussten laut Katastrophenschutzreferent und Landeshauptmannstellvertreteter Michael Schickhofer 73 Feuerwehren zu 150 Einsätzen ausrücken.

Orkanartige Böen fegen über Oberösterreich hinweg
Stürmisch ging es in der Nacht auf Dienstag auch im Süden Oberösterreichs zu. Am heftigsten wüteten die orkanartigen Böen in den Bezirken Vöcklabruck, Gmunden und Kirchdorf an der Krems. Bäume wurden entwurzelt und stürzten auf Straßen, auch Dächer wurden abgedeckt. Die Einsatzkräfte hatten alle Hände voll zu tun. Die heftigen Windböen erschwerten auch die Löscharbeiten der Feuerwehr beim Brand eines Bauernhofes. Die Flammen wurden von den Böen immer wieder neu angefacht, die Helfer konnten jedoch ein Übergreifen der Flammen auf das nahe gelegene Wohnhaus verhindern.

Arlbergbahnstrecke vorübergehend nicht befahrbar
Der Sturm verschonte auch Vorarlberg nicht, wegen Schäden an der Oberleitung war die Arlbergbahnstrecke am Dienstagvormittag zunächst nicht befahrbar. Zwischen Bludenz und Landeck wurde ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Mittlerweile konnte die Strecke wieder geöffnet werden, die Sturmschäden sind beseitigt.

Bundesheer in Bereitschaft
400 Soldaten in Kärnten und Tirol wurden in Bereitschaft versetzt, hieß es am Montagnachmittag seitens des Verteidigungsministeriums. Diese Kräfte setzen sich aus 100 Pionieren vom Pionierbataillon 1 aus Villach, 70 Soldaten des Jägerbataillons 26 aus Spittal an der Drau, 30 Soldaten der Stabskompanie des Militärkommandos Kärnten aus Klagenfurt sowie 200 Soldaten des Jägerbataillons 24 aus Lienz zusammen.

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