Stasi-Mitarbeiter

Ex-DDR-Spitzel blieben im Öffentlichen Dienst

Ausland
09.07.2009 09:04
Rund 17.000 frühere Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sind trotz Prüfung im Öffentlichen Dienst der Landesverwaltungen verblieben. Die "Financial Times Deutschland" recherchierte, dass 2.247 davon in Mecklenburg-Vorpommern, 2.942 in Brandenburg, 800 in Thüringen, 4.400 in Sachsen-Anhalt, 2.733 in der Berliner Verwaltung und 4.101 in Sachsen beschäftigt blieben. Außerdem ist bekannt geworden, dass rund zwei Dutzend Stasi-Mitarbeiter nach wie vor im Bundeskriminalamt beschäftigt sind.

Klaus Schroeder, Politikwissenschaftler und Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat der Freien Universität Berlin, der "die äußeren und inneren Voraussetzungen der vierzigjährigen Existenz einer zweiten deutschen Diktatur" untersucht, fordert nun eine klare Offenlegung der Bundesländer. Er geht von mehreren zehntausend ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeitern der Stasi (IM) in Ministerien und Behörden in Ostdeutschland aus. 

"Das sind Dimensionen, die bisher keiner geahnt hat", sagte Schroeder. Die Überprüfungen seien "sehr standardisiert und oberflächlich" gewesen. Beispielsweise seien Zollbeamte oder Personenschützer zu großzügig behandelt worden. Sie galten politisch als eher unbedenklich.

Überprüfung als "Frage der politischen Hygiene"
Der Landesbeauftragte für Stasi-Unterlagen in Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Gerhard Ruden, hält eine neue Überprüfung der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst für erforderlich. "Das ist eine Frage der politischen Hygiene", sagte Ruden. 

Sinnvoll sei eine solche Prüfung, weil erst heute die Stasi-Akten zum allergrößten Teil erschlossen seien. Mitte der 90er-Jahre seien drei Viertel der Akten noch gar nicht ausgewertet gewesen: "Damals unbeschriebene Blätter könnten inzwischen zu einer großen Belastung geworden sein."

Stasi-Mitarbeiter auch im Bundeskriminalamt
Am Mittwoch war zudem bekanntgeworden, dass das Bundeskriminalamt nach der Wende 48 hauptamtliche Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit übernommen hatte. 23 davon sind nach Angaben des BKA noch immer bei der Bundesbehörde tätig, zwei sogar im gehobenen Kriminaldienst. Einer von ihnen gehört laut BKA zum Personenschutzkommando von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Er arbeitet nach Angaben aus Regierungskreisen aber nicht im unmittelbaren Umfeld der Bundeskanzlerin und gehört nicht zu ihren Leibwächtern.

Die Beschäftigung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter im BKA hält die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) für einen "Skandal erster Güte". "Es ist ein Schlag ins Gesicht der Stasi-Opfer, dass ausgerechnet die Täter von einst in sensible Bereiche übernommen wurden", erklärte VOS-Sprecher Ronald Lässig in Berlin. 

Nach den Stasi-Fällen in Brandenburg und nun im Bundeskriminalamt dränge sich der Verdacht auf, dass der öffentliche Dienst von Stasi-Kadern "durchsetzt" sei. Die Opfervereinigung forderte von der deutschen Bundesregierung Aufklärung darüber, wo und wie viele ehemalige Stasi-Mitarbeiter im bundesdeutschen Staatsdienst beschäftigt seien.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt