Faymann-Vorstoß

Assistenzeinsatz dürfte verlängert werden

Österreich
27.05.2009 11:25
Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres im östlichen Grenzraum dürfte auch über 2009 hinaus verlängert werden. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) sagten am Dienstag nach einem entsprechenden Vorstoß von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), dass sie einer Verlängerung grundsätzlich positiv gegenüberstünden. Beide wollen aber noch die Evaluierungsergebnisse, die im Sommer vorliegen sollten, abwarten. Verfassungsexperten und die Offiziersgesellschaft hingegen üben Kritik an dem Vorhaben.

Faymann hat die Verlängerung des Assistenzeinsatzes als einen von drei Punkten bezeichnet, die er zur Bekämpfung der Kriminalität vorsieht. Die Alternative dazu wäre ein gleichwertiger Ersatz durch die Polizei, dies sei aber nicht abzusehen, so Faymann. Daher gehe er von der Verlängerung des Assistenzeinsatzes aus. Ursprünglich sollte dieser mit Ende 2009 auslaufen.

Faymann-Gespräch mit Barroso
Faymann kündigte auch an, am Mittwoch in Brüssel bei EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso vorzusprechen und das Thema Schengen-Außengrenzen aufs Tapet bringen zu wollen. Die Frage sei, ob es hier Lücken gebe. Der dritte Punkt sei die Personalaufstockung bei der Polizei. Hier könne man jedes Tempo brauchen, Innenministerin Fekter habe seine volle Unterstützung. Vor allem FPÖ und BZÖ setzen im laufenden EU-Wahlkampf auf das Thema Kriminalität, das sie unmittelbar mit der Öffnung der Grenzen durch das Schengen-Abkommen in Zusammenhang bringen.

Positive Signale von Darabos und Fekter
Verteidigungsminister Darabos erklärte am Dienstag: "Ich bin schon der Meinung, dass wir positiv über eine Verlängerung reden sollten." Er halte dies vor allem wegen der Kriminalitätsentwicklung für sinnvoll. Außerdem sei die Bevölkerung für eine Verlängerung des Assistenzeinsatzes, "und warum sollte die Politik nicht auf die Bevölkerung hören". Auch Fekter betonte, dass sie schon letztes Jahr für eine Verlängerung des Einsatzes war, sie wolle aber trotzdem die Evaluierungsergebnisse abwarten. Wenn die Bevölkerung aber meine, dass die Soldaten bleiben sollen, könne man in diese Richtung entscheiden, denn das Instrument habe sich bewährt.

Rund 800 Personen im Assistenzeinsatz
Zur Kritik, dass eigentlich das Innenministerium und nicht das Verteidigungsministerium für Sicherheit zuständig sei, meinte Fekter, "wenn die Polizei, die für die Kriminalitätsbekämpfung zuständig ist, Informationen aus der Bevölkerung oder von Präsenzdienern bekommt, sind wir sehr froh darüber". Seit 2008 kostet der Assistenzeinsatz rund 12,5 Millionen Euro pro Jahr. Die Innenministerin ist der Meinung, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung dieses Geld wert ist. Derzeit seien rund 800 Personen im Assistenzeinsatz, erklärte Darabos. Er kann sich auch zukünftig diesen Rahmen vorstellen.

Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze ist 1990 nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eingeführt worden. Mit der Schengenerweiterung 2007 und der Öffnung der Grenzen veränderte sich auch das Aufgabengebiet der Soldaten - sie patrouillierten fortan nicht mehr an der Grenze, sondern im Hinterland und unterstützen somit die Polizei.

Opposition übt heftige Kritik
Das BZÖ sprach beim derzeitigen Assistenzeinsatz von einem "Placebo". Spitzenkandidat Ewald Stadler forderte zur Senkung der Kriminalität viel eher den Einsatz von 300 Militärpolizisten sowie die Wiederaufnahme der Grenzkontrollen. Auch die FPÖ forderte, das Schengen-Abkommen auszusetzen und die Kontrolle an den Grenzen wieder einzuführen. Der Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz würde das Geld, das derzeit für den Assistenzeinsatz aufgewendet wird, lieber bei der Kriminalpolizei sehen. Den Einsatz selbst bezeichnete er als "größten anzunehmenden Unfug" und forderte das sofortige Ende.

Experten strikt gegen Verlängerung
Scharfe Kritik zu der von der Regierung angedachten Verlängerung des Assistenzeinsatzes kommt auch von Verfassungsexperten. Dies entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, sagte der Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk. Laut Funk besagt das Verfassungsrecht klar, dass es für einen Assistenzeinsatz eine "außerordentliche und vorübergehende Gefahr" gegeben sein muss, "die der inneren Ordnung" droht. "Ein Assistenzeinsatz darf nicht dazu eingesetzt werden, um dem Heer für lange Zeit oder gar - jetzt schon auf Dauer - polizeiliche oder quasi-polizeiliche Befugnisse zu geben". Dazu sei die Sache aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gedacht. Man müsste entweder die Verfassung ändern oder die Assistenzeinsätze aufgeben, so Funk. Juristisch könne man aber nicht viel dagegen unternehmen, die Vorgehensweise falle in die Verantwortung der Bundesregierung.

Noch schärfer die Kritik von Funks Kollege Heinz Mayer: "Ich halte den Assistenzeinsatz längst für verfassungswidrig, aber das ist er schon seit 17 Jahren. Das wird halt jetzt prolongiert". Die Aufgabe müsse eigentlich die Polizei übernehmen, so Mayer. Wie auch Funk verwies er darauf, dass die Soldaten ja gar keine Befugnisse hätten und lediglich die Polizei über ihre Beobachtungen informieren dürften.

Auch Offiziersgesellschaft skeptisch
Auch die Österreichische Offiziersgesellschaft (ÖOG) hat sich skeptisch gezeigt. "Ob eine Verlängerung des Assistenzeinsatzes nach der Schengen-Erweiterung noch gerechtfertigt ist, wage ich zu bezweifeln", erklärte ÖOG-Präsident Eduard Paulus. Es sei nicht Aufgabe des Bundesheeres 20 Jahre nach Fall des Eisernen Vorhangs noch einen Polizeidienst zu leisten, meinte Paulus.

"Jedes Jahr gehen dadurch ein paar Tausend Präsenzdiener verloren, die nicht vollwertig ausgebildet werden. Außerdem werden die Kosten vom Innenministerium nicht ersetzt, obwohl das eigentlich ein Polizeieinsatz ist", stellte der ÖOG-Chef fest. Er räumte aber ein, dass die Patrouillen der Soldaten in den Gemeinden beliebt sind, sowohl was das Sicherheitsbedürfnis betrifft als auch aus wirtschaftlichen Gründen.

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