Nukleare Explosion

Nordkorea führt Atombomben-Test durch

Ausland
25.05.2009 15:05
Nordkorea hat am Montag nach eigenen Angaben einen erfolgreichen Atombomben-Test durchgeführt. Die amtliche Nachrichtenagentur KCNA meldete, der Test sei Teil der Maßnahmen zur Stärkung der atomaren Abschreckung Nordkoreas. Das Land habe damit die Sprengkraft und Präzision seiner Atombombe gesteigert. Zusätzlich hat Nordkorea zudem offenbar drei Raketentests ausgeführt. Neben einer Boden-Luft-Rakete mit einer Reichweite von 130 Kilometern seien zwei weitere Kurzstrecken-Raketen abgefeuert worden, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. International rief der Atomtest Beunruhigung hervor.

Zunächst hatte ein Vertreter der südkoreanischen Regierungspartei von dem Atomwaffentest berichtet. Der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak habe eine Krisensitzung seines Kabinetts einberufen und die Armee in Alarmbereitschaft versetzt, meldete die Agentur weiter. Südkoreas Wetteramt registrierte dem Fernsehsender YTN zufolge ein Erdbeben, das auf eine Nuklearexplosion hindeutete. Gleiches gab eine Erdbebenwarte in den USA zu Protokoll. Die US-Erdbebenwarte USGS erklärte, in Nordkorea habe sich ein Beben der Stärke 4,7 ereignet. Bei Yonhap war von einem "künstlichen Beben" am Montagmorgen die Rede.

Auch Russland bestätigt Atomtest in Nordkorea
Am Montagvormittag hat auch Russland den Atomtest bestätigt. "Überwachungseinrichtungen haben eine Nuklearexplosion unter der Erde bestätigt, die auf dem Territorium Nordkoreas stattgefunden hat", zitierte die Nachrichtenagentur Interfax einen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Moskau. Die Informationen würden geprüft und analysiert. Auch die Agentur ITAR-TASS meldete die Bestätigung unter Berufung auf einen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums.

Aus dem russischen Verteidigungsministerium wurde weiters verlautet, dass der Atomtest etwa 80 Kilometer nordwestlich der Stadt Kilju in der nordöstlichen Provinz Nord-Hamgyong stattgefunden habe. Dort wurde im Oktober 2006 auch die erste unterirdische Nuklearzündung Nordkoreas durchgeführt. Die russische Schätzung auf 10 bis 20 Kilotonnen Sprengkraft würde einen massiven Fortschritt bedeuten: US-Experten hatten den ersten Test auf weniger als eine Kilotonne beziffert. Einer Kilotonne entsprechen in diesem Zusammenhang 1.000 Tonnen TNT.

Test als Reaktion auf Sanktionen
Bei seinem ersten Atomtest im Oktober 2006 war Nordkorea nach Einschätzung von Experten wegen technischer Schwierigkeiten nur bedingt erfolgreich gewesen. Ende April kündigte es als Reaktion auf eine Verschärfung der internationalen Sanktionen gegen das Land einen neuen Test an. Die Strafmaßnahmen richteten sich gegen den Start einer nordkoreanischen Langstreckenrakete im April.

Der US-Sondergesandte Stephen Bosworth hatte Anfang des Monats bei einem Besuch in Südkorea vor den Konsequenzen eines erneuten Atomtests gewarnt, ohne dies näher auszuführen. Die kommunistische Führung in Pjöngjang warf der US-Regierung bei dieser Gelegenheit eine feindselige Politik vor und bezeichnete Gespräche mit den Vereinigten Staaten als sinnlos. Nordkorea bleibe nichts anderes übrig, als seine nukleare Abschreckung auszubauen. Experten zufolge will Nordkorea mit den Test seine Verhandlungsposition bei den internationalen Verhandlungen über sein Atomprogramm stärken.

Ferrero-Waldner: "Sehr beunruhigend"
International löste der Test Bestürzung aus. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner äußerte sich am Montag während eines Besuchs in Thailand sehr besorgt. Ihr läge noch keine offizielle Bestätigung des Tests vor, "aber wenn es so ist, wäre das sicherlich sehr, sehr beunruhigend", erklärte sie. Ein solcher Schritt müsse verurteilt werden. Die japanische Regierung sprach sich für eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats aus, wie Vize-Außenminister Mitoji Yabunaka in Tokio erklärte.

Die EU-Kommission in Brüssel hat den Atomtest ebenfalls scharf verurteilt. Ein Sprecher der EU-Behörde sagte am Montag: "Wir sind sehr besorgt." Auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso habe den Atomwaffentest bereits als "Provokation" verurteilt. Die Europäische Union als ganzes habe Nordkorea wiederholt aufgefordert, von Schritten abzusehen, die zu mehr Spannungen führten. Der jüngste Test sei "zutiefst bedauerlich". "Das geht sicherlich in die falsche Richtung", sagte der Kommissionssprecher. Die EU stehe mit ihren internationalen Partnern in dauernden Gesprächen. Die Frage Nordkoreas müsse nunmehr im UNO-Sicherheitsrat behandelt werden.

UNO-General "tief beunruhigt"
Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon äußerte sich im Gespräch mit dem dänischen Fernsehsender TV2 "tief beunruhigt". "Alle Meinungsverschiedenheiten sollten im Dialog beigelegt werden", mahnte er. China rief Nordkorea auf, alles zu unterlassen, was die Lage verschlimmern könnte. Japan forderte Sanktionen gegen Nordkorea.

Obama: "Bedrohung für den internationalen Frieden"
Die US-Regierung nahm Konsultationen mit ihren Verbündeten auf. Präsident Barack Obama bezeichnete den Atomtest als "Bedrohung für den internationalen Frieden" und kündigte in einer am Montag in Washington veröffentlichten Erklärung eine Reaktion der internationalen Gemeinschaft an. Das Vorgehen Pjöngjangs sei zwar keine Überraschung, aber "Grund zu tiefer Besorgnis für alle Nationen". "Nordkoreas Versuche, Atomwaffen zu entwickeln, ebenso wie sein ballistisches Raketenprogramm stellen eine Bedrohung für den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit dar", hieß es in der Erklärung.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte für den Abend eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates zu dem Atomtest an. Lawrow äußert sich in einer Erklärung aus Beirut "beunruhigt", wie mehrere russische Nachrichtenagenturen meldeten. Lawrow, dessen Land derzeit den Vorsitz im höchsten UNO-Gremium führt, äußerte sich in einer Erklärung aus der libanesischen Hauptstadt Beirut "beunruhigt". Das russische Außenministerium appellierte in einer Erklärung an die Führung in Pjöngjang, die UNO-Beschlüsse zu befolgen und verantwortungsbewusst zur Stabilität in der Region beizutragen.

Kim Jong Il will Position stärken
In einer Reaktion sagte die Nordkorea-Expertin des Shanghaier Instituts für internationale Beziehungen, Yu Yingli, am Montag, der Atomtest habe vor allem politische Bedeutung. "Das ist beständige Politik und reiht sich wie der Raketenabschuss im April ein in eine Serie ähnlicher Aktivitäten", sagte Yu Yingli. "Der Zweck ist, den Druck auf die Weltgemeinschaft zu erhöhen, damit Nordkorea erreicht, was es will und braucht." Nach innen könne Militärmachthaber Kim Jong Il auch seine Position im Volk und die Kontrolle über das Land stärken.

Chinas Außenministerium hatte auf Anfrage zunächst noch keinen Kommentar zu dem Atomtest. Die Expertin erwartete eine ähnlich gemäßigte Reaktion Chinas, der USA und Südkoreas wie nach dem Raketenabschuss im April. Möglicherweise werde der Sicherheitsrat wieder eine Erklärung beschließen. Doch rechnete die Expertin nicht mit Wirtschaftssanktionen, die ohnehin keine Abschreckungswirkung auf Nordkorea hätten. Ob Nordkorea jemals sein Atomwaffenprogramm aufgeben wollte, wie in der Sechs-Parteien-Verhandlungen angestrebt, bezweifelte Yu Yingli. Nordkorea habe einen langfristigen Plan, sich zu einer Atommacht zu entwickeln.

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