Proteste

Sarkozy besucht Irland nach EU-Referendum

Ausland
21.07.2008 18:16
Nach dem Nein der Iren zum neuen EU-Vertrag ist Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy am Montag zu Gesprächen in Irland eingetroffen. In seiner Rolle als EU-Ratsvorsitzender traf Sarkozy in Dublin mit dem irischen Regierungschef Brian Cowen (im Bild rechts) und mit Vertretern der Opposition zusammen, um einen Ausweg aus der Reformkrise zu finden. Der Besuch des amtierenden EU-Ratsvorsitzenden war von scharfen Protesten begleitet.

Schon vor Sarkozys Eintreffen demonstrierten Hunderte Menschen in Dublin gegen den Besuch des französischen Staatschefs. Sie warfen ihm vor, das Nein der Iren beim Referendum über den Vertrag von Lissabon nicht zu akzeptieren. Sarkozy hatte vergangene Woche eine Wiederholung der Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag verlangt.

Bei seinem Besuch wollte er mit der irischen Regierung über einen Ausweg aus der Krise beraten. Um die Wogen zu glätten, hatte Premier Cowen am Wochenende betont, er hoffe auf eine "gute Diskussion" mit Sarkozy. Dieser versprach, er wolle den Iren "zuhören und sie verstehen".

Demonstranten fordern Respekt vor dem "Nein" ein
"Sarkozy hat seine vollständige Verachtung für die irische Bevölkerung absolut klar gemacht", sagte ein 20-jähriger demonstrierender Student vor dem Regierungsgebäude. "Wir fordern, dass das Nein zum Lissabon-Vertrag respektiert wird." "Einer der Gründe für die Ablehnung war das Gefühl, dass mit der EU-Reform die demokratische Kontrolle entgleitet", sagte die frühere EU-Parlamentsabgeordnete Patricia McKenna.

Ministerpräsident verlangt "Geduld" von EU-Partnern
Der irische Ministerpräsident Cowen hat seine europäischen Partner unterdessen zu "Geduld und Verständnis" aufgerufen. Diese würden "in den kommenden Monaten" gebraucht, um eine Lösung für die europäische Reformkrise zu finden, schrieb Cowen am Montag in einem Meinungsbeitrag in der "Irish Times". Zugleich bekräftigte Cowen, das Votum seiner Landsleute müsse respektiert werden.

Sarkozy-Reise nicht von allen gern gesehen
Im Europaparlament hat sich unterdessen der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, der deutsche SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen, besorgt über mögliche negative Folgen des Besuchs von Sarkozy in Irland geäußert. Sarkozy sei "nicht gerade für sein diplomatischen Auftreten bekannt", erklärte Leinen am Montag. Sollte er sich bei seinem Besuch in Dublin wie "ein französischer Elefant im irischen Porzellanladen" aufführen, werde sich die Stimmung gegen den EU-Reformvertrag nicht umkehren lassen. Vieles deute aber darauf hin, dass nach dem Nein der Iren ein neues Referendum notwendig sein werde, schreibt Leinen.

Treffen mit irischer Opposition
Nach scharfer Kritik der irischen Opposition verlängerte Sarkozy seinen Besuch in Dublin um einige Stunden. Wie der staatliche irische Rundfunksender RTE am Montag berichtete, werde Sarkozy nun vermutlich auch die Oppositionsführer zu privaten Gesprächen treffen. Zuvor hatten diese kritisiert, dass sie nur zusammen mit den Gegnern des EU-Referendums zu einer Diskussionsrunde eingeladen worden waren.

Die Iren hatten am 12. Juni mit 53 Prozent gegen den EU-Reformvertrag gestimmt. Das Vertragswerk, das Österreich bereits ratifiziert hat, kann nur in Kraft treten, wenn alle 27 EU-Staaten einverstanden sind.

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