Brenner dichtmachen?

Neue Asylkrise: Österreich erhöht Druck auf EU

Österreich
04.07.2017 16:56

Österreich erhöht in der Flüchtlingskrise den Druck auf die EU. Gleichzeitig gehen wegen der Vorbereitungen zu Grenzkontrollen am Brenner die Wogen hoch. Doch SPÖ und ÖVP ziehen in diesem Fall an einem Strang und zeigen sich kurz vor dem Ende der Koalition doch einmal geeint.

Selten waren sich SPÖ und ÖVP so einig: Außenminister Sebastian Kurz und Innenminister Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) stellen sich demonstrativ hinter den roten Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil. Die Vorbereitungen am Brenner seien richtig und notwendig, Österreich werde seine Grenze schützen, so die Koalition ein absoluter Einigkeit.

In Italien allerdings herrscht Empörung. Das italienische Außenministerium zitierte den österreichischen Botschafter in Rom zu einem Gespräch, die regierende Demokratische Partei rund um Ex-Premier Matteo Renzi fordert die Einleitung eines EU-Verfahrens gegen Österreich.

Großteil hat keine Chance auf Asyl
Unterdessen wird der Hilferuf aus Italien an die EU immer drängender, kamen heuer doch bereits mehr als 85.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer dort an. Deutschland und Frankreich haben Italien bereits Hilfe zugesichert. Die beiden EU-Schwergewichte wollen ihre Bemühungen für eine Verteilung der Migranten in Europa verstärken. Diese Haltung stößt in der EU jedoch auch auf massiven Widerstand. Das Argument der Kritiker: Die meisten der nun in Italien ankommenden Flüchtlinge haben keine Chance auf Asyl, sie müssten eigentlich wieder abgeschoben werden. Werden sie nun aber in andere europäische Länder gebracht, sei dies eine Einladung an weitere afrikanische Wirtschaftsflüchtlinge, die nach Europa wollen.

Außenminister Kurz fordert angesichts der aktuellen Zahlen - mit heuer bereits mehr als 85.000 über das Mittelmeer in Italien angekommenen Migranten liegt der Wert um knapp 20 Prozent höher als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres - erneut die Schließung der Mittelmeerroute. "Die Rettung darf nicht mit einem Ticket nach Europa verbunden sein", so Kurz. Der ÖVP-Chef ortet ein Umdenken in der EU, allerdings gehe ihm das zu langsam. Daher werde Österreich den Druck erhöhen.

Kommentar von Doris Vettermann: Europa wird viel zahlen müssen
Beinahe unbemerkt ist die Flüchtlingskrise zurückgekehrt. Immer mehr Migranten kommen über das Mittelmeer in Italien an, sie werden aus völlig desolaten oder bereits sinkenden Booten gerettet.

Anders als im Jahr 2015 kommen nun keine Kriegsflüchtlinge, sondern Menschen aus Afrika, die vor der tristen wirtschaftlichen Lage in ihren Ländern flüchten. Menschen, die weit unter der Armutsgrenze leben, in ihrer Heimat keine Chance mehr sehen und sich in Europa ein besseres Leben erhoffen. Das ist menschlich nur allzu gut nachvollziehbar. Allein, es ist kein Asylgrund. Die meisten der nun in Italien ankommenden Flüchtlinge stammen aus westafrikanischen Ländern wie Nigeria, Mali, Gambia oder Senegal. Im vergangenen Jahr wurden in Österreich zwischen 66 und 85 Prozent der Asylanträge aus diesen Staaten negativ entschieden. Dennoch wird Europa diese Migranten kaum mehr los, da es keine oder nur sehr unzureichende Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern gibt.

Statt die Augen vor der Realität zu verschließen, könnte sich die EU ein Beispiel an Spanien nehmen. Still und leise hat das Land es geschafft, den Flüchtlingsstrom auf die Kanarischen Inseln zu reduzieren. Mit sehr viel Geld, das nach Afrika geflossen ist - für Entwicklungshilfe und Jobprojekte. Und mit konsequenten Abschiebungen.

Der EU muss klar sein, dass sie die Krise nur gemeinsam bewältigen kann - und dass dies auch einiges kosten wird.

Kronen Zeitung

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