War es Methan?

Rätsel um Sibiriens Riesen-Erdloch scheint gelöst

Wissenschaft
04.08.2014 14:56
Ein Meteoriten-Einschlag, eine unterirdische Explosion oder Spuren von Außerirdischen? In Sibirien sorgte ein tiefes Loch im Boden für Aufregung. Nun haben Wissenschaftler den Krater am "Ende der Welt", wie die Halbinsel Jamal in der Sprache der Einheimischen heißt, untersucht. Ihre wichtigste Entdeckung: Der Methangehalt in dem Krater liegt bei fast zehn Prozent. Das spricht dafür, dass unter dem sibirischen Permafrostboden gefangenes Gas den Krater verursachte.

"Die Größe des Kraters ist enorm, man könnte da mit einigen Hubschraubern reinfliegen, ohne Angst zu haben, gegen die Wände zu prallen", schrieb "Bulka", der ein Video des Phänomens (siehe oben) auf YouTube gestellt hatte. Der Krater liegt im Permafrost, rund 30 Kilometer entfernt von einem riesigen Gasfeld nördlich der Gebietshauptstadt Salechard.

Tauwetter und Methan sollen Krater verursacht haben
Erste Theorien, wonach der Krater von einem Meteoriten stammen könnte, wurden von Wissenschaftlern verworfen. "Das hält keiner Kritik stand", zitiert die Nachrichtenagentur Interfax den stellvertretenden Direktor des Instituts für Öl- und Gasforschung an der Russischen Akademie der Wissenschaften, Wasili Bogojawlenski.

Er vermutet, dass unterirdisches Eis im Permafrost taute und dadurch Gas freigesetzt wurde, das dann unter hohem Druck durch die Oberfläche brach. "Irgendwann fand eine Explosion ohne jegliche Flamme statt", meint Bogojawlenski. Ein Artikel im Fachmagazin "Nature" spricht ebenfalls für diese Theorie. Bei Untersuchungen des Kraters habe man eine Methankonzentration von 9,6 Prozent entdeckt – normalerweise enthält die Luft nur 0,000179 Prozent des Gases.

Globale Erwärmung dürfte mitverantwortlich sein
Das Tauwetter, durch welches das unterirdisch eingelagerte Methan entwich, könnte mit der globalen Erwärmung zu tun haben. Nach Angaben von Andrej Plechanow vom Wissenschaftlichen Zentrum für Arktisstudien erlebte die Region in den vergangenen beiden Jahren außergewöhnlich warme Sommer. Die Temperatur lag fünf Grad über dem langjährigen Durchschnitt. Dabei dürfte der Permafrostboden aufgetaut sein, wodurch er das eingeschlossene Methan nicht länger halten konnte.

Möglich ist dem "Nature"-Bericht zufolge auch, dass es sich um einen schleichenden Prozess handelte. In den vergangenen 20 Jahren sei die Temperatur im sibirischen Boden in 20 Metern Tiefe um zwei Grad gestiegen. Die Folge: Der Boden taut langsam auf, verliert dabei an Stabilität – und kann eingeschlossenes Methan nicht länger halten. Steigt der Druck in den unterirdischen Gaskammern, entweicht das Methan abrupt – und verursacht Riesenlöcher wie jenes in Jamal.

Loch muss über 70 Meter tief sein
Laut Plechanow hat der Krater am äußeren Rand einen Durchmesser von 60 Metern. "Um aber die Tiefe präzise zu messen, braucht man Spezialisten mit schwerer Bergsteigerausrüstung. Es ist lebensgefährlich, nah heran zu gehen, weil der Rand ständig nachgibt." Versuche, den Krater mit einer an einem Seil befestigten Kamera zu vermessen, erwiesen sich als mäßig erfolgreich.

Bis in eine Tiefe von 50 Metern drang man mit der Kamera zwar vor, dann wurde allerdings das Seil zu kurz. Immerhin: Der Boden war bereits zu sehen. In rund 70 Metern Tiefe soll sich die Oberfläche eines Gewässers befinden. Wie tief das Wasser am Grunde des Kraters ist, weiß allerdings niemand. Es sei durchaus möglich, dass es in 70 Metern Tiefe unter Wasser noch weit in den Boden hineingehe, mutmaßt der Wissenschaftler.

Gebiet bekannt für große Erdgasvorkommen
Aus dem sibirischen Gebiet kommen mehr als 80 Prozent des von Russland geförderten Erdgases. Hinweise auf erhöhte Radioaktivität fanden die Forscher nicht. Bei weiteren Untersuchungen wollen sie nach Angaben örtlicher Behörden nun auch der Frage nachgehen, ob der Krater von einer Schiefergas-Explosion stammen könnte. Auch die Gefahr für die Bevölkerung und nahe gelegene Gasfelder soll untersucht werden.

Laut Interfax haben die Forscher inzwischen auch einen zweiten, kleineren Krater unter die Lupe genommen - Rentier-Hirten waren darauf gestoßen. "Er ist wie der bei Bowanenkowo, nur viel kleiner, rund 15 Meter im Durchmesser", erklärte Michail Lapsui, ein Abgeordneter des Regionalparlaments. "Im Inneren des Lochs kann man Schnee sehen."

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