Der Polizei gestellt

WikiLeaks-Gründer Julian Assange in London verhaftet

Ausland
07.12.2010 16:43
Die britische Polizei hat den Gründer der Internet-Plattform WikiLeaks, Julian Assange, festgenommen. Scotland Yard teilte am Dienstag mit, der 39-Jährige habe sich in London selbst gestellt. Dort bleibt er bis auf Weiteres in Haft. Ein Richter entschied bei einer ersten Anhörung, ihn nicht wie beantragt auf Kaution freizulassen. Assange soll am 14. Dezember erneut angehört werden. Wann genau über eine Auslieferung nach Schweden entschieden wird, ist noch nicht bekannt. Auf jeden Fall werde er sich dagegen wehren, kündigte Assange an.

Die britischen Behörden hatten am Montag einen neuen Haftbefehl aus Schweden erhalten, mit dem Assange wegen des Vorwurfes der Vergewaltigung und sexuellen Belästigung von der Justiz gesucht wird. Auch die internationale Polizeibehörde Interpol hatte den Gründer der Internet-Enthüllungsplattform auf die Fahndungsliste gesetzt.

Die Polizei sperrte am Dienstagnachmittag die Straße vor dem City-of-Westminster-Gericht, als ein schwarzer Wagen mit mehreren Polizeibeamten und Assange (Bild) auf den Parkplatz raste. Assanges Londoner Anwalt Mark Stephens sagte, seinem Mandanten gehe es gut, nachdem er sich den Behörden gestellt habe. "Es ging sehr höflich zu. Sie überprüften seine Identität. Sie sind sehr zufrieden, dass er der echte Julian Assange ist, und wir sind bereit, vor Gericht zu gehen", so Stephens.

USA: "Es klingt wie eine gute Nachricht
US-Verteidigungsminister Robert Gates erklärte am Dienstag zu Assanges Festnahme: "Ich habe es zwar noch nicht bestätigt, aber es klingt wie eine gute Nachricht." Präsident Barack Obama und andere amerikanische Spitzenpolitiker hatten immer wieder erklärt, die Veröffentlichung geheimer Protokolle über die Kriege im Irak und Afghanistan sowie Diplomaten-Depeschen gefährde Menschenleben und schade US-Interessen.

Haftbefehl wegen ungeschütztem Sex
Den Anlass für die weltweite Fahndung gaben im August zwei Schwedinnen: Ihren Angaben nach soll Assange mehrmals ungeschützten Sex verlangt und gegen ihren Willen durchgesetzt haben. Mit geschütztem Sex wären sie nach Medienberichten einverstanden gewesen. Auf dieser Grundlage wurde auch der Haftbefehl ausgestellt.

Der Kopf der Enthüllungs-Plattform wies die Vorwürfe zurück und sprach von einer durch die USA gesteuerten Verschwörung. Es begann ein juristisches Verwirrspiel, da wechselnde Staatsanwältinnen in Schweden die Vorwürfe ganz unterschiedlich bewerteten. Einen ersten Haftbefehl hob die schwedische Justiz innerhalb von 24 Stunden wieder auf, ermittelte aber weiter.

Im November folgte ein zweiter schwedischer Haftbefehl. Zudem ließ die Staatsanwaltschaft Assange über die internationale Polizeibehörde Interpol zur Fahndung ausschreiben. Es galt als sicher, dass sich der Gesuchte in Südengland aufhielt. Ein EU-weiter Haftbefehl war aber zunächst an einem Formfehler gescheitert. Schweden besserte nach, die britische Polizei musste den Haftbefehl vollstrecken.

Bereits am Montag hatte Assanges Anwalt Stephens der BBC gesagt, sein Mandant sei zu einem Treffen mit der britischen Polizei bereit. Demnach befand sich Stephens in Kontakt mit der Polizei zur Vorbereitung eines freiwilligen Treffens mit Assange in "absehbarer Zukunft". Bei dem Gespräch solle Assange lediglich befragt werden, sagte Stephens. Der Anwalt hatte zuvor erklärt, er werde jeden Versuch zur Auslieferung Assanges bekämpfen. Er fürchtet, dass Schweden den 39-Jährigen an die USA ausliefern könnte, die wegen der Veröffentlichung vertraulicher US-Depeschen gegen WikiLeaks und Assange ermitteln.

Assange: "Die Geschichte wird siegen"
Die Verhaftung Assanges sei ein Angriff auf die Pressefreiheit, werde die Plattform jedoch nicht von der Veröffentlichung weiterer Dokumente abhalten, sagte eine Sprecherin von WikiLeaks am Dienstag. Assange selbst hatte vergangene Woche in einem Livechat mit dem "Guardian" erklärt, Kopien der Depeschen des US-Außenministeriums seien in verschlüsselter Form an mehr als 100.000 Menschen verteilt worden. Sollte ihm oder der Internetseite etwas geschehen, würden diese automatisch veröffentlicht. "Die Geschichte wird siegen. Die Welt wird zu einem besseren Ort werden. Werden wir überleben? Das hängt von Ihnen ab", sagte der frühere australische Hacker bei dem Livechat.

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