Sprecher-Rücktritt

Kreditaffäre: Um Präsident Wulff wird es langsam einsam

Ausland
22.12.2011 15:55
Nach tagelanger öffentlicher Debatte über Kredite und Reiseeinladungen wird es um den deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff nun langsam einsam. Nachdem selbst Parteifreunde in den vergangenen Tagen auf Distanz zu dem 52-Jährigen gegangen waren, wurde er jetzt auch noch von einem seiner engsten Vertrauten verlassen: Sein langjähriger Sprecher Olaf Glaeseker bat darum, von seinen Aufgaben entbunden zu werden.

Bei einer Erklärung im Amtssitz Schloss Bellevue bestätigte Wulff die Entscheidung seines Sprechers. Gleichzeitig entschuldigte er sich für sein Handeln in der Kreditaffäre. Dieses sei "nicht gradlinig gewesen". Er bedaure die entstandenen Irritationen.

Wulff versicherte, dass er zu keinem Zeitpunkt private Freundschaften für wirtschaftliche Interessen ausgenutzt habe. Er habe erkannt, dass "nicht alles, was juristisch rechtens ist, auch richtig ist". Er sagte weiter, er wolle sein Amt weiterhin gewissenhaft fortführen. Dafür bitte er die Bürger um ihr Vertrauen.

Wieso Wulffs Sprecher genau zurückgetreten ist, ist noch unklar. Angeblich sei sein Privatleben im Rahmen der Aufdeckungen in die Öffentlichkeit gezerrt worden.

Kreditaffäre wirft schiefes Licht auf Wulff
Wulff steht wegen eines Privatkredits für einen Hauskauf sowie Urlaubseinladungen von befreundeten Unternehmern in der Kritik. Zudem war öffentlich geworden, dass der AWD-Gründer Carsten Maschmeyer eine Anzeigenkampagne für ein Buch Wulffs im Jahr 2007 finanzierte.

Wulff äußerte sich bis zu seiner Erklärung vom Donnerstag zumeist über seine Anwälte zu den Vorwürfen. Seit Anfang der Woche liegen in ihrer Kanzlei die Akten zu dem Darlehen über 500.000 Euro der Unternehmersfrau Edith Geerkens aus. Die Anwälte haben aber inzwischen eingeräumt, dass ihr Mann Egon an der Aushandlung der Zahlung beteiligt war. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident Wulff hatte bei einer Befragung der Grünen im Landtag 2010 eine geschäftliche Beziehung zu Geerkens verneint und das Darlehen von dessen Frau nicht erwähnt.

Staatsanwalt erhebt keine Anklage
Die Staatsanwaltschaft teilte derweil in Hannover mit, sie werde keine Ermittlungen gegen Wulff wegen des Kredits aufnehmen. "Anhaltspunkte für das Erkaufen einen dienstlichen Wohlwollens" seien nicht erkennbar, sagte ein Sprecher. "Die Staatsanwaltschaft ist deshalb an der Aufnahme von Ermittlungen gehindert."

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat, die über bloße Vermutungen hinausgingen, seien weder den Anzeigen noch den Presseberichten zu entnehmen. Bei der Behörde waren auch mehrere Anzeigen im Zusammenhang mit Wulffs Kredit und den Urlaubsreisen eingegangen.

Einem Vorabbericht des "Tagesspiegels" zufolge hat Wulff zwischen 2003 und 2010 insgesamt 89 Tage Urlaub bei befreundeten Unternehmern verbracht, etwa in Spanien, Italien, den USA und auf der Insel Norderney. Dabei handelte es sich laut Anwälten um Urlaub "mit Freunden unter gemeinsamem Dach". Zu jener Zeit war Wulff noch Ministerpräsident von Niedersachsen.

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