Das freie Wort

Kalte Politik

Claus Pándi spricht in seinem Artikel „Gute Politik“ aus, was ist. Unseren Politikern fehlt Empathie oder, auf gut Deutsch, jedes Einfühlungsvermögen für Menschen und deren Situation. Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist das eine schmerzliche Wahrnehmung. Nahezu allen Politikern ist das Menschsein oder Menschbleiben verloren gegangen, wichtig ist der perfekt gestylte Auftritt mit vielen Worten, ohne etwas zu sagen. Durch Coaches, Berater und Spindoktoren zu einem eloquenten, rhetorisch perfekten Sprechautomaten gemacht, glänzen diese in ihren unzähligen Pressekonferenzen oder Interviews mit Stegreifsätzen und einstudierten Sprechblasen. Der interessierte Zuseher oder Zuhörer wendet sich enttäuscht ab und will bei diesem manipulativen Spektakel einfach nicht mehr mitmachen. Doch wo sollten unsere Politiker Einfühlungsvermögen mitbekommen oder gelernt haben? Geboren und aufgewachsen in gut situierten Häusern, gebildet in Privatschulen und nach akademischer Ausbildung in obere Führungsebenen eingestiegen oder im Staatsdienst angeheuert. Wie soll da jemand mitbekommen, wie schwierig es die einfachen Menschen im Land haben, den Balanceakt zwischen Arbeit, Familie und Elternrolle zu meistern. Ihre politische Laufbahn absolvierten sie im parteipolitischen Biotop, dort haben Parteiinteressen Vorrang. Kontaktgespräche mit Bürgern werden arrangiert und thematisch vorbereitet, das Gespräch mit den Menschen wird so zur Politfarce. Auch die Betroffenheitsbekundungen der Politiker, aus welchen Anlässen oder Gründen auch immer, wirken aufgesetzt, einstudiert und kalt. Selbst die Kontaktbesuche bei den Leuten draußen werden begleitet und umrahmt von Parteigängern oder politisch Nahestehenden. Diese sind dankbar, dabei sein zu dürfen, und umschmeicheln den hohen Gast. Unsere Politiker mögen engagiert und fleißig arbeiten, was ihnen fehlt, ist das Verständnis für die sogenannten einfachen Menschen. Es fehlt ihnen das Einfühlungsvermögen, auch Empathie genannt. Ihre ständigen Beteuerungen, sie verstehen die Situation der Menschen, wirken unglaubwürdig und floskelhaft. Wo sind jene Politiker, die weniger perfekt gestylt und eloquent wirken, jedoch Menschen zum Angreifen geblieben sind und einfach einmal zugeben, etwas nicht zu wissen oder falsch gemacht zu haben?

Franz Peer, Linz

Erschienen am Di, 17.11.2020

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