Kasparow warnt:
“Putin wird alles tun, um Merkel zu verhindern”
Der russische Ex-Schachweltmeister und Kreml-Kritiker Garri Kasparow (54) ist sich sicher, dass Russlands Präsident Wladimir Putin unbedingt die Wiederwahl der deutschen Kanzlerin Angela Merkel im Herbst verhindern will. "Er wird alles dafür tun, dass sie ihr Amt verliert. Auch weil sie die westlichen Sanktionen gegen Russland unterstützt", sagte Kasparow, der etwa vor russischen Hacker-Angriffen im Bundestagswahlkampf warnt.
Laut Kasparow sei die deutsche Kanzlerin eine Schlüsselfigur in der EU, die Putins Plänen im Weg stehe. "Putin wird daher mit aller Macht versuchen, Merkel zu schwächen", sagte Kasparow am Dienstag gegenüber der "Bild". Nach Hacker-Angriffen auf US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton sowie auf Emmanuel Macron kurz vor der Wahl in Frankreich warnte der Kreml-Kritiker, dass es womöglich auch im deutschen Bundestagswahlkampf zu solchen Attacken kommen könnte.
"Russland versucht, Einheit des Westens zu spalten"
Kasparow bestritt vehement die These, dass Putin weltpolitisch in einer starken Position sei. Im Gegensatz zu Zeiten des Kalten Krieges "hat die freie Welt heute die militärische und wirtschaftliche Überlegenheit". Deshalb versuche Russland, die Einheit des Westens zu spalten und unterstütze auch über das Internet politische Splittergruppen. Deshalb müsse Putin endlich Konsequenzen für seine Taten spüren. Kasparow gegenüber der "Bild": "Solange Putin keinen Preis für seine Aktionen bezahlen muss, wird er weitermachen."
"Putin ist alles recht - ob die rechte Marine Le Pen oder der linke Jean-Luc Melenchon in Frankreich oder die AfD oder Die Linke in Deutschland", sagte der ehemalige Schachweltmeister, der darauf hofft, dass Putins Plan nicht aufgehen wird. "Putin hat in Frankreich verloren, er hat in den Niederlanden verloren - und hoffentlich wird er auch in Deutschland verlieren."
Kasparow lebt seit 2013 in New York
Kasparow gehörte einst zu den aktivsten Oppositionspolitikern Russlands. 2007 hatte er Massenproteste gegen Putin organisiert und sogar um das Amt des Präsidenten kandidiert, zog seine Kandidatur dann jedoch zurück. Jahrelang war er staatlichen Repressionen ausgesetzt, wurde mehrfach verhaftet und bekam die Polizeigewalt am eigenen Leib zu spüren. 2013 verließ er Russland und lebt seitdem in New York.
Wahlmanipulationen: Deutsche Politiker in Alarmbereitschaft
Die deutschen Politiker sind unterdessen bezüglich möglicher Manipulationen im Bundestagswahlkampf in Alarmbereitschaft. "Wir müssen damit rechnen, dass versucht wird, in den Wahlkampf einzugreifen - das Gegenteil würde mich wundern", sagte etwa der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach in der Vorwoche. Laut ihm seien in den USA viele Indizien aufgetaucht, die darauf hindeuteten, dass Russland hinter dem Hacker-Angriff auf den Wahlkampf Clintons stand.
Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka erklärte: "Wer Gemeinsamkeiten zwischen den Datenlecks bei Clinton und Macron sucht, dem fällt auf: In beiden Fällen waren liberale Politiker betroffen, die russlandkritische Positionen vertreten und eine enge sicherheitspolitische Zusammenarbeit westlicher Staaten befürworten." Und die Vorsitzende des Bundestags-Unterausschusses für Zivile Krisenprävention, Franziska Brantner, meinte: "Diese Beeinflussung von außen richtet sich gegen jeden, der eine klare Haltung gegenüber Russland vertritt."
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