Das Freihandelsabkommen zwischen den Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay) und der EU steht kurz vor der Ratifizierung, aber Österreich könnte das Zünglein an der Waage sein. Die Grünen machen nun Druck – und werfen der ÖVP Uneinigkeit vor.
Im September gab die EU-Kommission grünes Licht für das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten. Parlament und Rat müssen noch zustimmen – und Österreich könnte das berühmte Zünglein auf der Waage sein, sagt der steirische EU-Parlamentarier für die Grünen, Tom Waitz. „Ja, wir müssen unsere Handelsbedingungen diversifizieren – sonst sind wir abhängig. Aber es muss faire Bedingungen und vergleichbare Standards geben.“
Der Nationalrat hat sich 2019 gegen das Abkommen ausgesprochen. ÖVP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hat erst Anfang September bekräftigt, dass er den Deal ablehnt. Doch der Wirtschaftsflügel steht in der ÖVP den Agrariern entgegen, wie nun auch zwei Anfragebeantwortungen der steirischen Grünen zeigen. So heißt es aus dem Büro von Landesrätin Simone Schmiedtbauer: „Beim EU-Mercosur-Handelsabkommen handelt es sich zum aktuellen Verhandlungsstand um ein unausgewogenes Abkommen, das aus Sicht der Land- und Forstwirtschaft abzulehnen ist.“
Steirische Wirtschaft würde von Exporten profitieren
Anders klingt die Einschätzung ihres Parteikollegen und Wirtschaftslandesrates Willibald Ehrenhöfer. „Es (das Abkommen, Anm.) ist somit ein wesentlicher Baustein für den weltweiten Marktzugang heimischer und auch europäischer Unternehmen. Es öffnet Märkte und kann – vor dem Hintergrund unsicherer konjunktureller Entwicklungen – Arbeitsplätze sichern.“ Der Beschluss des Nationalrates aus 2019 sei zu respektieren. Ehrenhöfer wolle jedoch „wirtschaftliche Entwicklungen objektiv beurteilen“. „Daher werde ich mich nicht aktiv gegen eine mögliche Ratifizierung des Abkommens einsetzen, sondern für eine sachliche, faktenbasierte Abwägung der wirtschaftlichen Chancen und Risiken eintreten.“
Wenn man für diese Abkommen ist, muss man den klein strukturierten Landwirten ehrlich sagen: Wenn ihr nicht mindestens 500 Hektar oder 300 Kühe habt, habt ihr keine Zukunft! Forstet auf, sperrt zu und gebt den Acker dem Großbauern.
Der EU-Abgeordnete Tom Waitz über Mercosur
Tom Waitz und die Grünen befürchten jedenfalls negative Auswirkungen für die steirische Landwirtschaft, sollte der Deal durchgehen. „Der Rindfleischmarkt ist hierzulande wichtig, die Steiermark deckt ihren Bedarf ab. Aus Südamerika würden vor allem die hochpreisigen Edelteile importiert werden.“ Auch für die Imker brächte Mercosur mehr Konkurrenz, während im Export – etwa von Milch – die internationalen Preise zu niedrig seien, damit heimische Bauern davon profitieren können, meint Waitz. „Wenn man für diese Abkommen ist, muss man den klein strukturierten Landwirten ehrlich sagen: Wenn ihr nicht mindestens 500 Hektar oder 300 Kühe habt, habt ihr keine Zukunft! Forstet auf, sperrt zu und gebt den Acker dem Großbauern.“
Kein Doppelstandard beim Klima
Ein weiterer Kritikpunkt ist der Klimaschutz. „Wenn wir von unseren Bürgern so viel Klimaschutz abverlangen, können wir nicht für ein paar Konzerne einen so großen Klimaschaden in Kauf nehmen. Der Regenwald ist die Lunge des Planeten. CO₂ kennt keine Grenzen.“ Für Soja- und Maisanbau werden regelmäßig große Flächen abgeholzt, dazu kommen die langen Transportwege.
Eine Mitte September veröffentlichte Analyse von Bank-Austria-Ökonomen versprach sich vom Abkommen Chancen für den Maschinenbau und Autozulieferer – davon würde die Steiermark als Bundesland mitunter am meisten profitieren. Eine andere Analyse der globalisierungskritischen NGO Attac wiederum warnt vor mehr klimaschädlichen Treibhausgasemissionen durch Entwaldung und Transporte. 1200 Jobs in Österreich könnten vor allem in der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie verloren gehen.
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