Kurz vor Ende der heurigen Festival-Ausgabe zieht Ekaterina Degot, Intendantin des steirischen herbst, eine durchaus positive Bilanz: 50.000 Besuche konnte man verzeichnen. Zum Finale beschäftigen sich Theater im Bahnhof und Das Planetenparty Prinzip.
Ist es ein Begräbnis oder eine Party? Die Trauergemeinde trägt Schwarz – aber auch Glitzer und tanzt ausgelassen zu den Beats des DJs (Jakob Kolb). Nur hin und wieder brechen Einzelne in Tränen aus, wenn sie am Haus vorbeikommen, das wie ein metallenes Gespenst mitten im Raum schwebt (Ausstattung: Heike Barnard und Christina Helena Romirer). Es ist ein Symbol des Verlusts, denn bevor der Streit darum, wer dieses Haus nun erben soll, beginnt, muss ja erst jemand gestorben sein.
Was bleibt? Und was kann gehen?
Erstmals arbeiten Theater im Bahnhof und Planetenparty Prinzip für „Erben“ im steirischen herbst zusammen – zwei Generationen an Grazer Bühnenkünstlern treffen da aufeinander: „Wir sind hier um zu klären, was bleibt und was gehen kann“, tragen die 14 Performer (sieben aus jeder Gruppe) wie ein Mantra vor sich her. In immer neuen Versuchsanordnungen loten sie die Thematik aus: Sie reihen sich nach Alter und (erwartetem) Erbvermögen auf. Sie erzählen von Silberbestecken und Jagdtrophäen, die sie vermacht bekommen haben. Aber auch von den Nazi-Geschichten und psychischen Problemen, die im Keller der Erbmasse schlummern. Sie verwickeln die Besucher in Gespräche über ihr Vermögen und halten Kurzvorträge über Besitz und Reichtum. Sie bereiten Grabreden vor, die wie ein Plädoyer für die Erbschaftssteuer klingen. Sie teilen ihre wertvolle Plattensammlung auf. Und sie äußern den Wunsch, nach dem Tod einfach zu verschwinden – ohne etwas zurückzulassen.
Das Regie-Duo Nora Köhler und Helmut Köpping inszeniert ein humorvolles und bewegendes Wechselspiel aus persönlichen und gesellschaftlichen Aspekten des Themas Erben, aber auch aus zwei Theaterkollektiven unterschiedlicher Generationen. In den besten Momenten führt dieses gut zweistündige Wechselspiel zu einem schillernden Oszillieren, das mehr ist als die Summe seiner Einzelteile. Meist jedoch bleibt es aber ein Stückwerk voller – zwar wunderbarer, aber auch disparater – Einzelstücke. Aber so ist das halt mit dem Erbe: Man kann sich nicht aussuchen, was man bekommt.
Intendantin zieht positive Bilanz
Noch bis Sonntag hat der steirische herbst seine Tore geöffnet, doch am Freitag zog Intendantin Ekaterina Degot eine erste Bilanz: 50.000 Besuche konnte man bisher verzeichnen. Vor allem die Ausstellung im BAU sei ein voller Erfolg, sagt sie. Ebenso das Vermittlungsprogramm, das von 4000 Menschen genutzt wurde (das sind 1000 mehr als im Vorjahr). Und viele der Angebote im Partnerprogramm laufen ja nach dem Ende des heurigen Festivals noch weiter.
Am Konzept, dass der herbst kritische, auch unangenehme Kunst fördert, will Degot auch in den kommenden beiden Jahren (dann läuft ihr Vertrag aus) treu bleiben: „Das kulturelle Klima ändert sich gerade, und es wird verlangt, dass Kunst weniger Ernsthaftigkeit und mehr Unterhaltung bietet und loyaler gegenüber der Politik ist. Ich kann nur sagen: So lange ich da bin, wird der herbst sicher nicht einknicken und so unangepasst bleiben, wie er ist.“
Im kommenden Jahr findet der steirische herbst von 24. September bis 18. Oktober statt. Bereits kommende Woche startet der Open Call für das Partnerprogramm.
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