„Wer Straßen sät ...“

SPÖ zieht Lobautunnel durch: Jetzt sehen Grüne rot

Innenpolitik
25.09.2025 14:41

Die Ankündigung von Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ), den Lobautunnel doch zu bauen, hat wie zu erwarten zu sehr geteilten Reaktionen geführt. Während die Spitzenpolitiker der betroffenen Bundesländer Wien und Niederösterreich sowie die Autofahrerklubs die Entscheidung begrüßten, hagelte es Kritik von den Umweltschutz-NGOs und den Grünen.

Lena Schilling, die durch ihren Protest gegen das Projekt Bekanntheit erlangte, meldete sich gegenüber der „Krone“  zu Wort. Sie schoss sich voll auf die SPÖ ein: „Am Mittwoch noch Klimaschutz versprechen, am Donnerstag dann Autobahn bauen – ein Highway direkt in die Klimakatastrophe. Mit Milliarden Euro betonieren wir unsere Zukunft, um ein Naturschutzgebiet zu zerstören.“ Und die grüne EU-Abgeordnete fügte hinzu: „SPÖ-Chef Andreas Babler stellt sich als reine Klimaluftnummer heraus. Liebe SPÖ: Wer Straßen sät, wird Widerstand ernten.“

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Liebe SPÖ: Wer Straßen sät, wird Widerstand ernten.

EU-Abgeordnete Lena Schilling (Grüne)

Gewessler: SPÖ „versenkt“ Milliarden
Grünen-Chefin Leonore Gewessler, die als damalige Verkehrsministerin das Projekt abgedreht hatte, legte am Nachmittag nach. „Mit dem Abrissbagger reißt die Wiener SPÖ nicht nur Natur nieder. Sie entscheidet sich auch gegen die Zukunft unserer Kinder“, erklärte die 48-Jährige auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. 

Der Lobautunnel wird nun doch gebaut: Die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling (li.) und ...
Der Lobautunnel wird nun doch gebaut: Die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling (li.) und Ex-Ministerin Leonore Gewessler kritisieren das Vorgehen der SPÖ scharf.(Bild: Krone KREATIV/APA (2), Martin Jöchl)

Die Sozialdemokraten hätten sich gegen die „Natur, die nächste Generation und die Vernunft“ entschieden. Die Datenlage sei eindeutig: Mehr Straßen würden zu mehr Verkehr führen. „Betonminister Hanke trifft seine Entscheidung entgegen klarer wissenschaftlicher Erkenntnisse und gegen die Interessen der Menschen“, so die Klubobfrau der Grünen.

Die Stadtregierung vergrabe Milliarden, anstatt die Bürger zu entlasten. Für die Bekämpfung der Teuerung, die Kindergrundsicherung oder eine Entlastung bei Energiekosten oder Öffi-Tickets sei hingegen kein Geld da. „Aber für Milliarden an Beton mitten im Nationalpark sind plötzlich sämtliche Kassen geöffnet“, kritisierte Gewessler. Jeder Euro, der hier „vergraben“ werde, fehle an anderen Stellen. Der SPÖ attestierte die Grünen-Chefin eine „faszinierende Prioritätensetzung“. Hanke hintergehe die Menschen für sein „Betondenkmal“. Gewessler kündigte Widerstand an: Politik müsse eine „verdammte Verantwortung“ haben.

Das Projekt S1 im Detail 

Die S1 (Wiener Außenring Schnellstraße) stellt den Lückenschluss des Regionen-Ringes hochrangiger Straßen rund um Wien dar und umfasst eine Gesamtlänge von rund 19 km. Das Projekt wird in zwei Etappen errichtet.

  • Etappe 1: Groß-Enzersdorf – Süßenbrunn
    Mit 10,8 Kilometer Länge, neun Brücken, fünf Grünbrücken und zwei großen Knotenpunkten schließt dieser erste Abschnitt des Projektes das größte Stadtentwicklungsgebiet Wiens, die Seestadt Aspern, über die sogenannte S1-Spange an das hochrangige Straßennetz an. Der Bau wird im Frühjahr 2026 beginnen, ist mit Kosten von rund 500 Mio. Euro veranschlagt und dauert rund sechs Jahre. Der Abschnitt Groß-Enzersdorf-Süßenbrunn ist für sich bereits verkehrswirksam und entlastet rund 100.000 Menschen in den Wiener Stadteile Essling, Aspern und Breitenlee, sowie den Ortschaften Raasdorf und Groß-Enzersdorf. Bei der ersten Etappe bzw. den „Verwirklichungsabschnitt 1“ liegen bereits alle notwendigen Bescheide rechtswirksam vor und der Bau kann 2026 beginnen.
  • Etappe 2: Schwechat – Groß-Enzersdorf (Donau-Lobau Tunnel)
    Der 8,3 km lange Straßenabschnitt umfasst einen Tunnel in geschlossener Bauweise. Mit zwei Röhren (je zwei Fahrspuren) und modernster Sicherheitstechnik wird der Transitverkehr unter der Donau und unter der Lobau durchgeführt. Der Nationalpark Donau-Auen bleibt dabei völlig unberührt. Aktuelle Schätzungen gehen von einem Baustart im Jahr 2030 und Kosten in Höhe von 2,2 Mrd. Euro aus, die Bauzeit wird auf rund zehn Jahre geschätzt. Bei dieser Etappe ( Verwirklichungsabschnitt 2) sind noch Verfahren anhängig, diese gilt es abzuwarten.
  • Die gesamten geplanten Baukosten für beide Etappen belaufen sich auf rund 2,7 Milliarden Euro und werden gänzlich über die ASFiNAG finanziert. Aufgrund der selbstständigen Finanzierungslogik des Straßenbetreibers bezahlt niemand für das Projekt, der selbst keine hochrangige Straßeninfrastruktur nutzt.

Auch die Naturschutzorganisationen kritisierten die Entscheidung scharf. Der WWF sprach von einem „milliardenschweren Irrweg“. Der Tunnel gefährdet demnach ein Naturparadies, versiegelt bestes Ackerland und sabotiert das Erreichen der Klimaziele. Greenpeace ortete einen „katastrophalen Fehler für Klima, Natur und Mensch“.

Die NGO Virus sah Hanke auf Kollisionskurs mit dem Rechtsstaat, „weil der S1 wegen Unionsrechtswidrigkeit die Rechtsgrundlage fehlt“. „In Zeiten von Klima- und Budgetkrise nun Unmengen an Steuergeldern in eine Zufahrtsstraße zu einem Tunnel zu investieren, der mitunter nie genehmigt werden kann, ist fahrlässig“, hieß es von Global 2000.

Die Karte zeigt die geplante Wiener Nordostumfahrung mit dem Lobautunnel. Das Projekt wurde 2021 gestoppt und soll nun gebaut werden. Der Tunnel verläuft unter dem Nationalpark Donauauen und verbindet die Knoten Schwechat und Süßenbrunn. Quelle: APA.

SPÖ schießt zurück: „Durch Gewessler viel Zeit verloren“
Wiens Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) begrüßte hingegen die Ankündigungen, den Lückenschluss des Regionenrings im Norden Wiens auf den Weg zu bringen: „Jede größere Stadt in Österreich und Europa hat eine Umfahrung, nur die 2-Millionenstadt Wien nicht. Wir haben durch den S1-Stopp durch Gewessler bereits sehr viel Zeit verloren, um die Menschen von der unerträglichen Transitbelastung zu befreien und die klimafitte Stadtentwicklung Wiens voranzutreiben“, so Sima.

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Jede größere Stadt in Österreich und Europa hat eine Umfahrung, nur die 2-Millionenstadt Wien nicht.

Wiens Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ)

Mikl-Leitner sieht „gute Nachrichten“
Als „gute Nachrichten für die Bewohner der Ost-Region“ bezeichnete Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) den Bau des Lückenschlusses der S1. Ihr BUndesland dränge seit vielen Jahren auf die Realisierung. „Endlich geht bei diesem zentralen Verkehrsprojekt etwas weiter.“ Damit ziehe die Bundesregierung einen „Schlussstrich unter die ideologisch getriebene Verkehrspolitik der vergangenen Jahre“, so Mikl-Leitner. Sie sprach zudem von einem wichtigen „Teilerfolg, den es braucht, um die S8 im Marchfeld zu realisieren“.

FPÖ: „Längst überfällig“
„Es ist ein längst überfälliger Schritt“, kommentierte Niederösterreichs LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) die Pläne. „Minister Hanke soll sich nicht von links-grünen Klimafetischisten vom richtigen Weg abbringen lassen.“

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Hanke soll sich nicht von links-grünen Klimafetischisten vom richtigen Weg abbringen lassen.

Niederösterreichs LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ)

Autofahrerklubs begrüßen Entscheidung
Auch die Autofahrerklubs begrüßten den angekündigten Bau hingegen. „Jedes Jahr, in dem der Lobautunnel später fertiggestellt wird, entstehen auf der überlasteten Südost-Tangente über 500 Millionen Euro an vermeidbaren Staukosten. Zusätzlich werden beinahe 75.000 Tonnen an vermeidbaren Treibhausgasen freigesetzt – mehr als eineinhalbmal so viel, wie der gesamte Inlandsflugverkehr pro Jahr produziert“, hieß es seitens des ÖAMTC. Der ARBÖ begrüßte, dass mit der Umsetzung des „wichtigen Straßenprojekts“ begonnen werden kann. Nach der „ideologisch getriebenen Verzögerungstaktik“ der vergangenen Jahre habe „sich nun endlich die Vernunft durchgesetzt“.

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